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Siddhartha dankte ihr und lachte, und da sie erfuhr, er habe gestern und heute nichts gegessen, lieX sie Brot und FrXchte bringen und bewirtete ihn.
"Du hast GlXck gehabt," sagte sie beim Abschied, "eine TXr um die andre tut sich dir auf. Wie kommt das wohl? Hast du einen Zauber?"
Siddhartha sagte: "Gestern erzXhlte ich dir, ich verstXnde zu denken, zu warten und zu fasten, du aber fandest, das sei zu nichts nXtze. Es ist aber zu vielem nXtze, Kamala, du wirst es sehen. Du wirst sehen, dass die dummen Samanas im Walde viel HXbsches lernen und kXnnen, das ihr nicht kXnnt. Vorgestern war ich noch ein struppiger Bettler, gestern habe ich schon Kamala gekXsst, und bald werde ich ein Kaufmann sein und Geld haben und all diese Dinge, auf die du Wert legst."
"Nun ja," gab sie zu. "Aber wie stXnde es mit dir ohne mich? Was wXrest du, wenn Kamala dir nicht hXlfe?"
"Liebe Kamala," sagte Siddhartha und richtete sich hoch auf, "als ich zu dir in deinen Hain kam, tat ich den ersten Schritt. Es war mein Vorsatz, bei dieser schXnsten Frau die Liebe zu lernen. Von jenem Augenblick an, da ich den Vorsatz fasste, wusste ich auch, dass ich ihn ausfXhren werde. Ich wusste, dass du mir helfen wXrdest, bei deinem ersten Blick am Eingang des Haines wusste ich es schon."
"Wenn ich aber nicht gewollt hXtte?"
"Du hast gewollt. Sieh, Kamala: Wenn du einen Stein ins Wasser wirfst, so eilt er auf dem schnellsten Wege zum Grunde des Wassers. So ist es, wenn Siddhartha ein Ziel, einen Vorsatz hat. Siddhartha tut nichts, er wartet, er denkt, er fastet, aber er geht durch die Dinge der Welt hindurch wie der Stein durchs Wasser, ohne etwas zu tun, ohne sich zu rXhren; er wird gezogen, er lXsst sich fallen. Sein Ziel zieht ihn an sich, denn er lXsst nichts in seine Seele ein, was dem Ziel widerstreben kXnnte. Das ist es, was Siddhartha bei den Samanas gelernt hat. Es ist das, was die Toren Zauber nennen und wovon sie meinen, es werde durch die DXmonen bewirkt. Nichts wird von DXmonen bewirkt, es gibt keine DXmonen. Jeder kann zaubern, jeder kann seine Ziele erreichen, wenn er denken kann, wenn er warten kann, wenn er fasten kann."
Kamala hXrte ihm zu. Sie liebte seine Stimme, sie liebte den Blick seiner Augen.
"Vielleicht ist es so," sagte sie leise, "wie du sprichst, Freund. Vielleicht ist es aber auch so, dass Siddhartha ein hXbscher Mann ist, dass sein Blick den Frauen gefXllt, dass darum das GlXck ihm entgegenkommt."
Mit einem Kuss nahm Siddhartha Abschied. "MXge es so sein, meine Lehrerin. MXge immer mein Blick dir gefallen, mXge immer von dir mir GlXck entgegenkommen!"
BEI DEN KINDERMENSCHEN
Siddhartha ging zum Kaufmann Kamaswami, in ein reiches Haus ward er gewiesen, Diener fXhrten ihn zwischen kostbaren Teppichen in ein Gemach, wo er den Hausherrn erwartete.
Kamaswami trat ein, ein rascher, geschmeidiger Mann mit stark ergrauendem Haar, mit sehr klugen, vorsichtigen Augen, mit einem begehrlichen Mund. Freundlich begrXten sich Herr und Gast.
"Man hat mir gesagt," begann der Kaufmann, "dass du ein Brahmane bist, ein Gelehrter, dass du aber Dienste bei einem Kaufmann suchst. Bist du denn in Not geraten, Brahmane, dass du Dienste suchst?"
"Nein," sagte Siddhartha, "ich bin nicht in Not geraten und bin nie in Not gewesen. Wisse, dass ich von den Samanas komme, bei welchen ich lange Zeit gelebt habe."
"Wenn du von den Samanas kommst, wie solltest du da nicht in Not sein? Sind nicht die Samanas vXllig besitzlos?"
"Besitzlos bin ich," sagte Siddhartha, "wenn es das ist, was du meinst. Gewiss bin ich besitzlos. Doch bin ich es freiwillig, bin also nicht in Not."
"Wovon aber willst du leben, wenn du besitzlos bist?"
"Ich habe daran noch nie gedacht, Herr. Ich bin mehr als drei Jahre besitzlos gewesen, und habe niemals daran gedacht, wovon ich leben solle."
"So hast du vom Besitz anderer gelebt."
"Vermutlich ist es so. Auch der Kaufmann lebt ja von der Habe anderer."
"Wohl gesprochen. Doch nimmt er von den andern du nicht umsonst; er gibt ihnen seine Waren dafXr."
"So scheint es sich in der Tat zu verhalten. Jeder nimmt, jeder gibt, so ist das Leben."
"Aber erlaube: wenn du besitzlos bist, was willst du da geben?"
"Jeder gibt, was er hat. Der Krieger gibt Kraft, der Kaufmann gibt Ware, der Lehrer Lehre, der Bauer Reis, der Fischer Fische."
"Sehr wohl. Und was ist es nun, was du zu geben hast? Was ist es, das du gelernt hast, das du kannst?"
"Ich kann denken. Ich kann warten. Ich kann fasten."
"Das ist alles?"
"Ich glaube, es ist alles!"
"Und wozu nXtzt es? Zum Beispiel das Fasten X wozu ist es gut?"
"Es ist sehr gut, Herr. Wenn ein Mensch nichts zu essen hat, so ist Fasten das AllerklXgste, was er tun kann. Wenn, zum Beispiel, Siddhartha nicht fasten gelernt hXtte, so mXsste er heute noch irgendeinen Dienst annehmen, sei es bei dir oder wo immer, denn der Hunger wXrde ihn dazu zwingen. So aber kann Siddhartha ruhig warten, er kennt keine Ungeduld, er kennt keine Notlage, lange kann er sich vom Hunger belagern lassen und kann dazu lachen. Dazu, Herr, ist Fasten gut."