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»In die Neunte. Fьr mich ist es bald aus mit der Lernerei.«
»Ich gehe auch in die Neunte. Ins Gymnasium.«
»Ach so.«
Sie schwiegen beide und nuckelten an ihrer Cola. Wenn ich nichts sage, hдlt er mich fьr doof und langweilig, dachte Eva. Aber er sagt ja auch nichts.
»Was machst du, wenn du mit der Schule fertig bist?«
»Ich? Ich werde Matrose. Natьrlich nicht gleich, aber in ein paar Jahren bin ich Matrose, darauf kannst du dich verlassen. Fьr mich gibt's diese ewige Stellensucherei nicht. Ich habe einen Onkel in Hamburg, der sucht ein Schiff fьr mich, als Schiffsjunge erst mal. Mein Onkel kennt genьgend Leute, der bringt mich bestimmt unter. Sobald ich mein Zeugnis in den Hдnden habe, geht es los.«
Eva gab es einen Stich. Er wьrde bald nicht mehr da sein. Blцde Gans, dachte sie und zwang sich zu einem Lдcheln. »Ich muss noch ein paar Jahre in die Schule gehen.«
»Fьr mich wдre das nichts, immer diese Hockerei.«
»Mir macht es SpaЯ.«
Michel rьlpste laut. Die Bedienung kam vorbei. Michel winkte ihr und bezahlte. Eine Mark bekam er heraus. Er nahm sie und steckte sie ein. Eigentlich gehцrt sie mir, die Mark, dachte Eva.
Michel fragte: »Tut dein Knie noch weh?«
Eva schьttelte den Kopf. »Nein, aber ich will jetzt heim.«
Sie gingen mit ruhigen, gleichmдЯigen Schritten nebeneinander her. Obwohl sie sich nicht berьhrten, achteten sie darauf, dass ihre Schritte gleich lang waren.
»Gehen wir morgen zusammen ins Schwimmbad?«, fragte Michel.
Eva nickte. »Wann treffen wir uns?«
»Um drei am Brunnen. Ist dir das recht?«
Vor Evas Haus angekommen, gaben sie sich die Hдnde.
»Tschьss, Eva.«
»Auf Wiedersehen, Michel.«
Die Mutter und Berthold waren noch nicht da. Eva schaute auf die Uhr. Viertel nach Fьnf. In einer halben Stunde wьrde ihr Vater nach Hause kommen. Eva ging ins Badezimmer und drehte den Wasserhahn an. Sie lieЯ das kalte Wasser ьber ihre Hдnde und Arme laufen und schaute in den kleinen Spiegel ьber dem Waschbecken. Sie hatte rцtliche Backen bekommen von der Sonne. Das sah eigentlich ganz schцn aus. Ihr Gesicht war ьberhaupt nicht so ьbel, und ihre Haare waren ausgesprochen schцn, dunkelblond und lockig,
und am Haaransatz an der Stirn krдuselten sie sich und waren ganz hell. Sie griff mit beiden Hдnden nach dem Pferdeschwanz und цffnete die Spange.
Jetzt sehe ich fast aus wie eine Madonna. So werde ich die Haare tragen, wenn ich erst einmal schlank bin, dachte sie.
Entschlossen band sie sich wieder den Pferdeschwanz und befestigte ihn mit der Spange. Dann machte sie sich an ihre Hausaufgaben. Aber es fiel ihr schwer, sich zu konzentrieren. Sie hцrte, wie die Wohnungstьr aufgeschlossen wurde. Ihr Vater kam nach Hause. Sie schaute sich schnell in ihrem Zimmer um und zog die Bettdecke glatt. Ihr Vater mochte das, wenn alles schцn ordentlich aussah. Manchmal war er richtig pedantisch. AuЯerdem wusste sie nie, wie seine Laune war, wenn er nach Hause kam. Er konnte lange ьber einen Pullover auf dem FuЯboden reden oder ьber eine Schultasche in der Flurecke, wenn er schlecht gelaunt war. Ihre Mutter lief meistens um fьnf noch mal durch die ganze Wohnung und schaute nach, ob nichts herumlag. »Muss ja nicht sein, dass es Krach gibt«, sagte sie. »Wenn man es vermeiden kann!«
Gerade als Eva ьberlegte, warum er ihr manchmal so auf die Nerven ging, warum gewisse Eigenheiten von ihm sie so stцrten, dass sie ihn manchmal nicht aushal-ten konnte, gerade in diesem Moment цffnete er ihre Zimmertьr.
»Guten Abend, Eva. Das ist aber schцn, dass du so fleiЯig bist.«
Der Vater war hinter sie getreten und tдtschelte ihren Kopf. Eva hatte sich tief ьber ihr Englischbuch gebeugt und war froh, dass er ihr Gesicht nicht sehen konnte. Sie musste sich zusammennehmen, um nicht in diese Hand zu beiЯen.
4
Eva drьckte auf den Knopf der Nachttischlampe. Nun war es fast ganz dunkel. Nur ein schwaches Licht drang durch das geцffnete Fenster. Der Vorhang bewegte sich und dankbar spьrte sie den leichten Luftzug. Endlich war es ein bisschen kьhler geworden. Sie zog das Leintuch ьber sich, das ihr in heiЯen Nдchten als Zudecke diente, und kuschelte sich zurecht. Sie war zufrieden mit sich selbst, war richtig stolz auf sich, weil sie es geschafft hatte, das Gerede der Eltern beim Abendessen zu ьberhцren und wirklich nur diesen einen Joghurt zu essen. Wenn sie das zwei oder drei Wochen durchhielte, wьrde sie sicher zehn Pfund abnehmen. Ich bin stark genug dazu, dachte sie. Bestimmt bin ich stark genug dazu. Das hab ich ja heute Abend bewiesen.
Glьcklich rollte sie sich auf die Seite und schob ihr Lieblingskissen unter den Kopf. Eigentlich brauche ich ьberhaupt nicht mehr so viel zu essen. Heute die Schokolade war absolut unnцtig. Und wenn ich dann erst einmal schlank bin, kann ich ruhig abends wieder etwas essen. Vielleicht Toast mit Butter und dazu ein paar Scheiben Lachs.
Das Wasser lief ihr im Mund zusammen, als sie an
diese rцtlich gemaserten, in Цl schwimmenden Scheiben dachte. Sie liebte den pikanten, etwas scharfen Geschmack von Lachs sehr. Und dazu warmer Toast, auf dem die Butter schmolz! Eigentlich mochte sie scharfe Sachen sowieso lieber als dieses sьЯe Zeug. Man wurde auch nicht so dick davon. Gerдucherter Speck mit Zwiebeln und Sahnemeerrettich schmeckte ebenfalls ausgezeichnet. Oder eine gut gewьrzte Bohnensuppe!