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Песнь о Нибелунгах / Das Nibelungenlied
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Песнь о Нибелунгах / Das Nibelungenlied

Коллектив авторов

Древние книги

:

европейская старинная литература

,

мифы. легенды. эпос

.
Аннотация

«Песнь о Нибелунгах» – одно из наиболее известных эпических произведений мировой литературы. Героический эпос, написанный неизвестным автором в начале XIII века на средневерхненемецком языке.

Перед читателем разворачивается мифологический, но отразивший исторические события, сюжет о женитьбе франкского воина Зигфрида на бургундской принцессе Кримхильде, о его смерти от рук собратьев из-за конфликта Кримхильды с могущественной исландской королевой Брунхильдой, о мести Кримхильды при помощи правителя гуннов Этцеля своим соплеменникам за убийство любимого мужа Зигфрида и, наконец, о поиске сокровищ Нибелунгов, утопленных в Рейне.

Мужественные воины и восхитительные женщины, вечная любовь и неизбежная смерть, благородная верность и коварное предательство, непримиримая ненависть и жестокие кровопролития… Повествование о вечных ценностях, которое не оставит читателя равнодушным.

«Песнь о Нибелунгах» состоит из 39 авентюр, каждую из которых предваряют реалистичные и изящные иллюстрации немецких художников Юлиуса Гюбнера и Эдуарда Бендемана. Художественное оформление дополнено рисунками известного английского иллюстратора Артура Рэкхема.

Параллельный текст, приведенный в книге, делает ее особенно познавательной и полезной для изучения немецкого языка (в пдф-варианте). Поэтический перевод на русский язык, отмеченный Пушкинской премией, принадлежит перу М. И. Кудряшева.

Лента ляссе, удобный формат и красивая обложка добавляют книге изысканность и привлекательность. Ее можно приобрести не только для своей коллекции, но и в качестве подарка дорогим и близким людям.

В формате PDF A4 сохранен издательский макет книги.

* * *

Das Nibelungenlied

Abenteuer 1

Wie Kriemhilden tr"aumte

1 Viel Wunderdinge melden die Maren alter Zeit Von preiswerthen Helden, von grosser K"uhnheit, Von Freud und Festlichkeiten, von Weinen und von Klagen, Von k"uhner Recken Streiten m"ogt ihr nun Wunder h"oren sagen. 2 Es wuchs in Burgunden solch edel M"agdelein, Dass in allen Landen nichts Sch"onres mochte sein. Kriemhild war sie geheissen, und ward ein sch"ones Weib, Um die viel Degen musten verlieren Leben und Leib. 3 Die Minnigliche lieben brachte Keinem Scham; Um die viel Recken warben, Niemand war ihr gram. Sch"on war ohne Massen die edle Maid zu schaun; Der Jungfrau h"ofsche Sitte w"ar eine Zier allen Fraun. 4 Es pflegten sie drei K"onige edel und reich, Gunther und Gernot, die Recken ohne Gleich, Und Geiselher der junge, ein auserw"ahlter Degen; Sie war ihre Schwester, die F"ursten hatten sie zu pflegen. 5 Die Herren waren milde, dazu von hohem Stamm, Unmassen k"uhn nach Kr"aften, die Recken lobesam. Nach den Burgunden war ihr Land genannt; Sie schufen starke Wunder noch seitdem in Etzels Land. 6 In Worms am Rheine wohnten die Herrn in ihrer Kraft. Von ihren Landen diente viel stolze Ritterschaft Mit r"uhmlichen Ehren all ihres Lebens Zeit, Bis j"ammerlich sie starben durch zweier edeln Frauen Streit. 7 Ute hiess ihre Mutter, die reiche K"onigin, Und Dankrat ihr Vater, der ihnen zum Gewinn Das Erbe liess im Tode, vordem ein starker Mann, Der auch in seiner Jugend grosser Ehren viel gewann. 8 Die drei K"onge waren, wie ich kund gethan, Stark und hohen Muthes; ihnen waren unterthan Auch die besten Recken, davon man hat gesagt, Von grosser Kraft und K"uhnheit, in allen Streiten unverzagt. 9 Das war von Tronje Hagen, und der Bruder sein, Dankwart der Schnelle, von Metz Herr Ortewein, Die beiden Markgrafen Gere und Eckewart, Volker von Alzei, an allen Kr"aften wohlbewahrt, 10 Rumold der K"uchenmeister, ein theuerlicher Degen, Sindold und Hunold: die Herren musten pflegen Des Hofes und der Ehren, den K"ongen unterthan. Noch hatten sie viel Recken, die ich nicht alle nennen kann. 11 Dankwart war Marschall; so war der Neffe sein Truchsess des K"onigs, von Metz Herr Ortewein. Sindold war Schenke, ein waidlicher Degen, Und K"ammerer Hunold: sie konnten hoher Ehren pflegen. 12 Von des Hofes Ehre von ihrer weiten Kraft, Von ihrer hohen W"urdigkeit und von der Ritterschaft, Wie sie die Herren "ubten mit Freuden all ihr Leben, Davon weiss wahrlich Niemand euch volle Kunde zu geben. 13 In ihren hohen Ehren tr"aumte Kriemhilden, Sie z"og einen Falken, stark-, sch"on- und wilden; Den griffen ihr zwei Aare, dass sie es mochte sehn: Ihr konnt auf dieser Erde gr"osser Leid nicht geschehn. 14 Sie sagt’ ihrer Mutter den Traum, Frau Uten: Die wust ihn nicht zu deuten als so der guten: «Der Falke, den du ziehest, das ist ein edler Mann: Ihn wolle Gott beh"uten, sonst ist es bald um ihn gethan.» 15 «Was sagt ihr mir vom Manne, vielliebe Mutter mein? Ohne Reckenminne will ich immer sein; So sch"on will ich verbleiben bis an meinen Tod, Dass ich von Mannesminne nie gewinnen m"oge Noth.» 16 «Verred es nicht so v"ollig,» die Mutter sprach da so, «Sollst du je auf Erden von Herzen werden froh, Das geschieht von Mannesminne: du wirst ein sch"ones Weib, Will Gott dir noch verg"onnen eines guten Ritters Leib.» 17 «Die Rede lasst bleiben, vielliebe Mutter mein. Es hat an manchen Weiben gelehrt der Augenschein, Wie Liebe mit Leide am Ende gerne lohnt; Ich will sie meiden beide, so bleib ich sicher verschont!» 18 Kriemhild in ihrem Muthe hielt sich von Minne frei. So lief noch der guten manch lieber Tag vorbei, Dass sie Niemand wuste, der ihr gefiel zum Mann, Bis sie doch mit Ehren einen werthen Recken gewann. 19 Das war derselbe Falke, den jener Traum ihr bot, Den ihr beschied die Mutter. Ob seinem fr"uhen Tod Den n"achsten Anverwandten wie gab sie blutgen Lohn! Durch dieses Einen Sterben starb noch mancher Mutter Sohn.

Abenteuer 2

Von Siegfrieden

20 Da wuchs im Niederlande eines edeln K"onigs Kind, Siegmund hiess sein Vater, die Mutter Siegelind, In einer m"achtgen Veste, weithin wohlbekannt, Unten am Rheine, Xanten war sie genannt. 21 Ich sag euch von dem Degen, wie so sch"on er ward. Er war vor allen Schanden immer wohl bewahrt. Stark und hohes Namens ward bald der k"uhne Mann: Hei! was er grosser Ehren auf dieser Erde gewann! 22 Siegfried ward geheissen der edle Degen gut. Er erprobte viel der Recken in hochbeherztem Muth. Seine St"arke f"uhrt’ ihn in manches fremde Land: Hei! was er schneller Degen bei den Burgunden fand! 23 Bevor der k"uhne Degen voll erwuchs zum Mann, Da hatt er solche Wunder mit seiner Hand gethan, Davon man immer wieder singen mag und sagen; Wir m"ussen viel verschweigen von ihm in heutigen Tagen. 24 In seinen besten Zeiten, bei seinen jungen Tagen Mochte man viel Wunder von Siegfrieden sagen, Wie Ehr an ihm erbl"uhte und wie sch"on er war zu schaun: Drum dachten sein in Minne viel der waidlichen Fraun. 25 Man erzog ihn mit dem Fleisse, wie ihm geziemend war; Was ihm Zucht und Sitte der eigne Sinn gebar! Das ward noch eine Zierde f"ur seines Vaters Land, Dass man zu allen Dingen ihn so recht herrlich fand. 26 Er war nun so erwachsen, mit an den Hof zu gehn. Die Leute sahn ihn gerne; viel Fraun und M"adchen sch"on W"unschten wohl, er k"ame dahin doch immerdar; Hold waren ihm gar viele, des ward der Degen wohl gewahr. 27 Selten ohne H"uter man reiten liess das Kind. Mit Kleidern hiess ihn zieren seine Mutter Siegelind; Auch pflegten sein die Weisen, denen Ehre war bekannt: Drum m"ocht er wohl gewinnen so die Leute wie das Land,
28 Nun war er in der St"arke, dass er wohl Waffen trug: Wes er dazu bedurfte, des gab man ihm genug. Schon sann er zu werben um manches sch"one Kind; Die h"atten wohl mit Ehren den sch"onen Siegfried geminnt. 29 Da liess sein Vater Siegmund kund thun seinem Lehn, Mit lieben Freunden woll er ein Hofgelag begehn. Da brachte man die M"are in andrer K"onge Land. Den Heimischen und G"asten gab er Ross und Gewand. 30 Wen man finden mochte, der nach der Eltern Art Ritter werden sollte, die edeln Knappen zart Lud man nach dem Lande zu der Lustbarkeit, Wo sie das Schwert empfiengen mit Siegfried zu gleicher Zeit. 31 Man mochte Wunder sagen von dem Hofgelag. Siegmund und Siegelind gewannen an dem Tag Viel Ehre durch die Gaben, die spendet’ ihre Hand: Drum sah man viel der Fremden zu ihnen reiten in das Land. 32 Vierhundert Schwertdegen sollten gekleidet sein Mit dem jungen K"onige. Manch sch"ones M"agdelein Sah man am Werk gesch"aftig: ihm waren alle hold. Viel edle Steine legten die Frauen da in das Gold, 33 Die sie mit Borten wollten auf die Kleider n"ahn Den jungen stolzen Recken; das muste so ergehn. Der Wirth liess Sitze bauen f"ur manchen k"uhnen Mann Zu der Sonnenwende, wo Siegfried Ritters Stand gewann. 34 Da gieng zu einem M"unster mancher reiche Knecht Und viel der edeln Ritter. Die Alten thaten recht, Dass sie den Jungen dienten, wie ihnen war geschehn, Sie hatten Kurzweile und freuten sich es zu sehn. 35 Als man da Gott zu Ehren eine Messe sang, Da hub sich von den Leuten ein gewaltiger Drang, Da sie zu Rittern wurden dem Ritterbrauch gem"ass Mit also hohen Ehren, so leicht nicht wieder gesch"ahs. 36 Sie eilten, wo sie fanden geschirrter Rosse viel. Da ward in Siegmunds Hofe so laut das Ritterspiel, Dass man ertosen h"orte Pallas und Saal. Die hochbeherzten Degen begannen fr"ohlichen Schall. 37 Von Alten und von Jungen mancher Stoss erklang, Dass der Sch"afte Brechen in die L"ufte drang. Die Splitter sah man fliegen bis zum Saal hinan. Die Kurzweile sahen die Fraun und M"anner mit an. 38 Der Wirth bat es zu lassen. Man zog die Rosse fort; Wohl sah man auch zerbrochen viel starke Schilde dort Und viel der edeln Steine auf das Gras gef"allt Von des lichten Schildes Spangen: die hatten St"osse zerschellt. 39 Da setzten sich die G"aste, wohin man ihnen rieth, zu Tisch, wo von Erm"udung viel edle Kost sie schied Und Wein der allerbeste, des man die F"ulle trug. Den Heimischen und Fremden bot man Ehren da genug. 40 So viel sie Kurzweile gefunden all den Tag, Das fahrende Gesinde doch keiner Ruhe pflag: Sie dienten um die Gabe, die man da reichlich fand; Ihr Lob ward zur Zierde K"onig Siegmunds ganzem Land. 41 Da liess der F"urst verleihen Siegfried, dem jungen Mann, Das Land und die Burgen, wie sonst er selbst gethan. Seinen Schwertgenossen gab er mit milder Hand: So freute sie die Reise, die sie gef"uhrt in das Land. 42 Das Hofgelage w"ahrte bis an den siebten Tag. Sieglind die reiche der alten Sitte pflag, Dass sie dem Sohn zu Liebe vertheilte rothes Gold: Sie k"onnt es wohl verdienen, dass ihm die Leute waren hold. 43 Da war zuletzt kein armer Fahrender mehr im Land. Ihnen stoben Kleider und Rosse von der Hand, Als h"atten sie zu leben nicht mehr denn einen Tag. Man sah nie Ingesinde, das so grosser Milde pflag. 44 Mit preiswerthen Ehren zergieng die Lustbarkeit. Man h"orte wohl die Reichen sagen nach der Zeit, Dass sie dem Jungen gerne w"aren unterthan; Das begehrte nicht Siegfried, dieser waidliche Mann. 45 So lange sie noch lebten, Siegmund und Siegelind, Wollte nicht Krone tragen der beiden liebes Kind; Doch wollt er herrlich wenden alle die Gewalt, Die in den Landen f"urchtete der Degen k"uhn und wohlgestalt. 46 Ihn durfte Niemand schelten: seit er die Waffen nahm, Pflag er der Ruh nur selten, der Recke lobesam. Er suchte nur zu streiten und seine starke Hand Macht’ ihn zu allen Zeiten in fremden Reichen wohlbekannt. 47 Den Herrn beschwerte selten irgend ein Herzeleid. Er h"orte Kunde sagen, wie eine sch"one Maid Bei den Burgunden w"are, nach W"unschen wohlgethan, Von der er bald viel Freuden und auch viel Leides gewann. 48 Von ihrer hohen Sch"one vernahm man weit und breit, Und auch ihr Hochgem"uthe ward zur selben Zeit Bei der Jungfrauen den Helden oft bekannt: Das ladete der G"aste viel in K"onig Gunthers Land. 49 So viel um ihre Minne man Werbende sah, Kriemhild in ihrem Sinne sprach dazu nicht Ja, Dass sie einen wollte zum geliebten Mann: Er war ihr noch gar fremde, dem sie bald ward unterthan. 50 Dann sann auf hohe Minne Sieglindens Kind: All der Andern Werben war wider ihn ein Wind. Er mochte wohl verdienen ein Weib so auserw"ahlt: Bald ward die edle Kriemhild dem k"uhnen Siegfried verm"ahlt. 51 Ihm riethen seine Freunde und Die in seinem Lehn, Hab er st"ate Minne sich zum Ziel ersehn, So soll er werben, dass er sich der Wahl nicht d"urfe sch"amen. Da sprach der edle Siegfried: «So will ich Kriemhilden nehmen, 52 Die edle K"onigstochter von Burgundenland, Um ihre grosse Sch"one. Das ist mir wohl bekannt, Kein Kaiser sei so m"achtig, h"att er zu frein im Sinn, Dem nicht zum minnen ziemte diese reiche K"onigin.» 53 Solche M"are h"orte der K"onig Siegmund. Es sprachen seine Leute: also ward ihm kund Seines Kindes Wille. Es war ihm h"ochlich leid, Dass er werben wolle um diese herrliche Maid. 54 Es erfuhr es auch die K"onigin, die edle Siegelind: Die muste grosse Sorge tragen um ihr Kind, Weil sie wohl Gunthern kannte und Die in seinem Heer Die Werbung dem Degen zu verleiden fliss man sich sehr. 55 Da sprach der k"uhne Siegfried: «Viel lieber Vater mein, Ohn edler Frauen Minne wollt ich immer sein, Wenn ich nicht werben d"urfte nach Herzensliebe frei.» Was Jemand reden mochte, so blieb er immer dabei. 56 «Ist dir nicht abzurathen,» der K"onig sprach da so, «So bin ich deines Willens von ganzem Herzen froh Und will dirs f"ugen helfen, so gut ich immer kann; Doch hat der K"onig Gunther manchen hochf"ahrtgen Mann.» 57 «Und w"ar es anders Niemand als Hagen der Degen, Der kann im Uebermuthe wohl der Hochfahrt pflegen, So dass ich sehr bef"urchte, es m"og uns werden leid, Wenn wir werben wollen um diese herrliche Maid.» 58 «Wie mag uns das gef"ahrden!» hub da Siegfried an: «Was ich mir im Guten da nicht erbitten kann, Will ich schon sonst erwerben mit meiner starken Hand, Ich will von ihm erzwingen so die Leute wie das Land.» 59 «Leid ist mir deine Rede,» sprach K"onig Siegmund, «Denn w"urde diese M"are dort am Rheine kund, Du d"urftest nimmer reiten in K"onig Gunthers Land. Gunther und Gernot die sind mir lange bekannt.» 60 «Mit Gewalt erwerben kann Niemand die Magd,» Sprach der K"onig Siegmund, «das ist mir wohl gesagt; Willst du jedoch mit Recken reiten in das Land, Die Freunde, die wir haben, die werden eilends besandt.» 61 «So ist mir nicht zu Muthe,» fiel ihm Siegfried ein, «Dass mir Recken sollten folgen an den Rhein Einer Heerfahrt willen: das w"are mir wohl leid, Sollt ich damit erzwingen diese herrliche Maid.» 62 «Ich will sie schon erwerben allein mit meiner Hand. Ich will mit zw"olf Gesellen in K"onig Gunthers Land; Dazu sollt ihr mir helfen, Vater Siegmund.» Da gab man seinen Degen zu Kleidern grau und auch bunt. 63 Da vernahm auch diese M"are seine Mutter Siegelind; Sie begann zu trauern um ihr liebes Kind: Sie bangt’ es zu verlieren durch Die in Gunthers Heer. Die edle K"onigstochter weinte dar"uber sehr. 64 Siegfried der Degen gieng hin, wo er sie sah. Wider seine Mutter g"utlich sprach er da: «Frau, ihr sollt nicht weinen um den Willen mein: Wohl will ich ohne Sorgen vor allen Weiganden sein.» 65 «Nun helft mir zu der Reise nach Burgundenland, Dass mich und meine Recken ziere solch Gewand, Wie so stolze Degen mit Ehren m"ogen tragen: Daf"ur will ich immer den Dank von Herzen euch sagen.»

Abenteuer 3

Wie Siegfried nach Worms kam

66 «Ist dir nicht abzurathen,» sprach Frau Siegelind, «So helf ich dir zur Reise, mein einziges Kind, Mit den besten Kleidern, die je ein Ritter trug, Dir und deinen Degen: ihr sollt der haben genug.» 67 Da neigte sich ihr dankend Siegfried der junge Mann. Er sprach: «Nicht mehr Gesellen nehm ich zur Fahrt mir an Als der Recken zw"olfe: verseht die mit Gewand. Ich m"ochte gern erfahren, wie’s um Kriemhild sei bewandt.» 68 Da sassen sch"one Frauen "uber Nacht und Tag, Dass ihrer selten Eine der Musse eher pflag, Bis sie gefertigt hatten Siegfriedens Staat. Er wollte seiner Reise nun mit nichten haben Rath. 69 Sein Vater hiess ihm zieren sein ritterlich Gewand, Womit er r"aumen wollte K"onig Siegmunds Land. Ihre lichten Panzer die wurden auch bereit Und ihre festen Helme, ihre Schilde sch"on und breit. 70 Nun sahen sie die Reise zu den Burgunden nahn. Um sie begann zu sorgen beides, Weib und Mann, Ob sie je wiederkommen sollten in das Land. Sie geboten aufzus"aumen die Waffen und das Gewand. 71 Sch"on waren ihre Rosse, ihr Reitzeug goldesroth; Wenn wer sich h"oher dauchte, so war es ohne Noth, Als der Degen Siegfried und Die ihm unterthan. Nun hielt er um Urlaub zu den Burgunden an. 72 Den gaben ihm mit Trauern K"onig und K"onigin. Er tr"ostete sie beide mit minniglichem Sinn Und sprach: «Ihr sollt nicht weinen um den Willen mein: Immer ohne Sorgen m"ogt ihr um mein Leben sein.» 73 Es war leid den Recken, auch weinte manche Maid; Sie ahnten wohl im Herzen, dass sie es nach der Zeit Noch schwer entgelten m"usten durch lieber Freunde Tod. Sie hatten Grund zu klagen, es that ihnen wahrlich Noth. 74 Am siebenten Morgen zu Worms an den Strand Ritten schon die K"uhnen; all ihr Gewand War von rothem Golde, ihr Reitzeug wohlbestellt; Ihnen giengen sanft die Rosse, die sich da Siegfried gesellt. 75 Neu waren ihre Schilde, licht dazu und breit, Und sch"on ihre Helme, als mit dem Geleit Siegfried der k"uhne ritt in Gunthers Land. Man ersah an Helden nie mehr so herrlich Gewand. 76 Der Schwerter Enden giengen nieder auf die Sporen; Scharfe Spere f"uhrten die Ritter auserkoren. Von zweier Spannen Breite war, welchen Siegfried trug; Der hatt an seinen Schneiden grimmer Sch"arfe genug. 77 Goldfarbne Z"aume f"uhrten sie an der Hand; Der Brustriem war von Seide: so kamen sie ins Land. Da gafften sie die Leute allenthalben an: Gunthers Mannen liefen sie zu empfangen heran. 78 Die hochbeherzten Recken, Ritter so wie Knecht, Liefen den Herrn entgegen, so war es Fug und Recht, Und begr"ussten diese G"aste in ihrer Herren Land; Die Pferde nahm man ihnen und die Schilde von der Hand. 79 Da wollten sie die Rosse ziehn zu ihrer Rast; Da sprach aber Siegfried alsbald, der k"uhne Gast: «Lasst uns noch die Pferde stehen kurze Zeit: Wir reiten bald von hinnen; dazu bin ich ganz bereit.» 80 «Man soll uns auch die Schilde nicht von dannen tragen; Wo ich den K"onig finde, kann mir das Jemand sagen, Gunther den reichen aus Burgundenland?» Da sagt’ es ihm Einer, dem es wohl war bekannt. 81 «Wollt ihr den K"onig finden, das mag gar leicht geschehn: In jenem weiten Saale hab ich ihn gesehn Unter seinen Helden; da geht zu ihm hinan, So m"ogt ihr bei ihm finden manchen herrlichen Mann.» 82 Nun waren auch die M"aren dem K"onig schon gesagt, Dass auf dem Hofe w"aren Ritter unverzagt: Sie f"uhrten lichte Panzer und herrlich Gewand; Sie erkenne Niemand in der Burgunden Land. 83 Den K"onig nahm es Wunder, woher gekommen sei’n Die herrlichen Recken im Kleid von lichtem Schein Und mit so guten Schilden, so neu und so breit; Das ihm das Niemand sagte, das war K"onig Gunthern leid. 84 Zur Antwort gab dem K"onig von Metz Herr Ortewein; Stark und k"uhnes Muthes mocht er wohl sein: «Da wir sie nicht erkennen, so heisst Jemand gehn Nach meinem Oheim Hagen: dem sollt ihr sie lassen sehn.» 85 «Ihm sind wohl kund die Reiche und alles fremde Land; Erkennt er die Herren, das macht er uns bekannt.» Der K"onig liess ihn holen und Die in seinem Lehn: Da sah man ihn herrlich mit Recken hin zu Hofe gehn. 86 Warum nach ihm der K"onig, frug Hagen da, geschickt? «Es werden fremde Degen in meinem Haus erblickt, Die Niemand mag erkennen: habt ihr in fremdem Land Sie wohl schon gesehen? das macht mir, Hagen bekannt.» 87 «Das will ich,» sprach Hagen. Zum Fenster schritt er drauf, Da liess er nach den G"asten den Augen freien Lauf. Wohl gefiel ihm ihr Ger"athe und all ihr Gewand; Doch waren sie ihm fremde in der Burgunden Land. 88 Er sprach, woher die Recken auch k"amen an den Rhein, Es m"ochten selber F"ursten oder F"urstenboten sein. «Sch"on sind ihre Rosse und ihr Gewand ist gut; Von wannen sie auch ritten, es sind Helden hochgemuth.» 89 Also sprach da Hagen: «Soviel ich mag verstehn, Hab ich gleich im Leben Siegfrieden nie gesehn, So will ich doch wohl glauben, wie es damit auch steht, Dass er es sei, der Degen, der so herrlich dorten geht.» 90 «Er bringt neue M"aren her in dieses Land:» Die k"uhnen Nibelungen schlug des Helden Hand, Die reichen K"onigss"ohne Schilbung und Nibelung; Er wirkte grosse Wunder mit des starken Armes Schwung. 91 «Als der Held alleine ritt aller H"ulfe bar, Fand er an einem Berge, so h"ort ich immerdar, Bei K"onig Niblungs Horte manchen k"uhnen Mann; Sie waren ihm gar fremde, bis er hier die Kunde gewann.» 92 «Der Hort K"onig Nibelungs ward hervorgetragen Aus einem hohlen Berge: nun h"ort Wunder sagen, Wie ihn theilen wollten Die Niblung unterthan.» Das sah der Degen Siegfried, den es zu wundern begann. 93 «So nah kam er ihnen, dass er die Helden sah Und ihn die Degen wieder». Der Eine sagte da: «Hier kommt der starke Siegfried, der Held aus Niederland.» Seltsame Abenteuer er bei den Nibelungen fand.
94 «Den Recken wohl empfiengen Schilbung und Nibelung. Einhellig baten die edeln F"ursten jung, Dass ihnen theilen m"ochte den Schatz der k"uhne Mann: Das begehrten sie, bis endlich ers zu geloben begann.» 95 «Er sah so viel Gesteines, wie wir h"oren sagen, Hundert Leiterwagen die m"ochten es nicht tragen, Noch mehr des rothen Goldes von Nibelungenland: Das Alles sollte theilen des k"uhnen Siegfriedes Hand.» 96 «Sie gaben ihm zum Lohne K"onig Niblungs Schwert: Da wurden sie des Dienstes gar "ubel gew"ahrt, Den ihnen leisten sollte Siegfried der Degen gut. Er k"onnt es nicht vollbringen: sie hatten zornigen Muth.» 97 «So must er ungetheilet die Sch"atze lassen stehn. Da bestanden ihn die Degen in der zwei K"onge Lehn: Mit ihres Vaters Schwerte, das Balmung war genannt, Stritt ihnen ab der K"uhne den Hort und Nibelungenland» 98 «Da hatten sie zu Freunden k"uhne zw"olf Mann, Die starke Riesen waren: was konnt es sie verfahn? Die erschlug im Zorne Siegfriedens Hand Und siebenhundert Recken zwang er vom Nibelungenland.» 99 «Mit dem guten Schwerte, geheissen Balmung. Vom Schrecken "uberw"altigt war mancher Degen jung Zumal vor dem Schwerte und vor dem k"uhnen Mann: Das Land mit den Burgen machten sie ihm unterthan.» 100 «Dazu die reichen K"onige die schlug er beide todt. Er kam durch Albrichen darauf in grosse Noth: Der wollte seine Herren r"achen allzuhand, Eh er die grosse St"arke noch an Siegfrieden fand.» 101 «Mit Streit bestehen konnt ihn da nicht der starke Zwerg. Wie die wilden Leuen liefen sie an den Berg, Wo er die Tarnkappe Albrichen abgewann: Da war des Hortes Meister Siegfried der schreckliche Mann.» 102 «Die sich getraut zu fechten, die lagen all erschlagen. Den Schatz liess er wieder nach dem Berge tragen, Dem ihn entnommen hatten Die Niblung unterthan. Alberich der starke das Amt des K"ammrers gewann.» 103 «Er must ihm Eide schw"oren, er dien ihm als sein Knecht, Zu aller Art Diensten ward er ihm gerecht.» So sprach von Tronje Hagen: «Das hat der Held gethan; Also grosse Kr"afte nie mehr ein Recke gewann.» 104 «Noch ein Abenteuer ist mir von ihm bekannt: Einen Linddrachen schlug des Helden Hand; Als er im Blut sich badete, ward h"ornern seine Haut. So versehrt ihn keine Waffe: das hat man oft an ihm geschaut.» 105 «Man soll ihn wohl empfangen, der beste Rath ist das, Damit wir nicht verdienen des schnellen Recken Hass. Er ist so k"uhnes Sinnes, man seh ihn freundlich an: Er hat mit seinen Kr"aften so manche Wunder gethan.» 106 Da sprach der m"achtge K"onig: «Gewiss, du redest wahr: Nun sieh, wie stolz er dasteht vor des Streits Gefahr, Dieser k"uhne Degen und Die in seinem Lehn! Wir wollen ihm entgegen hinab zu dem Recken gehn.» 107 «Das m"ogt ihr,» sprach da Hagen, «mit allen Ehren schon: Er ist von edelm Stamme eines reichen K"onigs Sohn; Auch hat er die Geb"are, mich d"unkt, beim Herren Christ, Es sei nicht kleine M"are, um die er hergeritten ist.» 108 Da sprach der Herr des Landes: «Nun sei er uns willkommen. Er ist k"uhn und edel, das hab ich wohl vernommen; Des soll er auch geniessen im Burgundenland.» Da gieng der K"onig Gunther hin, wo er Siegfrieden fand. 109 Der Wirth und seine Recken empfiengen so den Mann, Dass wenig an dem Grusse gebrach, den er gewann; Des neigte sich vor ihnen der Degen ausersehn In grossen Z"uchten sah man ihn mit seinen Recken stehn. 110 «Mich wundert diese M"are,» sprach der Wirth zuhand, «Von wannen, edler Siegfried, ihr kamt in dieses Land Oder was ihr wollet suchen zu Worms an dem Rhein?» Da sprach der Gast zum K"onig: «Das soll euch unverhohlen sein.» 111 «Ich habe sagen h"oren in meines Vaters Land, An euerm Hofe w"aren, das h"att ich gern erkannt, Die allerk"uhnsten Recken, so hab ich oft vernommen, Die je gewann ein K"onig: darum bin ich hieher gekommen.» 112 «So h"or ich auch euch selber viel Mannheit zugestehn, Man habe keinen K"onig noch je so k"uhn gesehn. Das r"uhmen viel der Leute in all diesem Land; Nun kann ichs nicht verwinden, bis ich die Wahrheit befand.» 113 «Ich bin auch ein Recke und soll die Krone tragen: Ich m"ocht es gerne f"ugen, dass sie von mir sagen, Dass ich mit Recht bes"asse die Leute wie das Land. Mein Haupt und meine Ehre setz ich dawider zu Pfand. 114 Wenn ihr denn so k"uhn seid, wie euch die Sage zeiht, So frag ich nicht, ists Jemand lieb oder leid: Ich will von euch erzwingen, was euch angeh"ort, Das Land und die Burgen unterwerf ich meinem Schwert.» 115 Der K"onig war verwundert und all sein Volk umher, Als sie vernahmen sein seltsam Begehr, Dass er ihm zu nehmen ged"achte Leut und Land. Das h"orten seine Degen, die wurden zornig zuhand. 116 «Wie sollt ich das verdienen,» sprach Gunther der Degen, «Wes mein Vater lange mit Ehren durfte pflegen, Dass wir das verl"oren durch Jemands Ueberkraft? Das w"are schlecht bewiesen, dass wir auch pflegen Ritterschaft!» 117 «Ich will davon nicht lassen,» fiel ihm der K"uhne drein, «Von deinen Kr"aften m"oge dein Land befriedet sein, Ich will es nun verwalten; doch auch das Erbe mein, Erwirbst du es durch St"arke, es soll dir unterth"anig sein.» 118 «Dein Erbe wie das meine wir schlagen gleich sie an, Und wer von uns den Andern "uberwinden kann, Dem soll es alles dienen, die Leute wie das Land.» Dem widersprach da Hagen und mit ihm Gernot zuhand. 119 «So stehn uns nicht die Sinne,» sprach da Gernot, «Nach neuen Lands Gewinne, dass Jemand sollte todt Vor Heldesh"anden liegen: reich ist unser Land, Das uns mit Recht gehorsamt, zu Niemand besser bewandt.» 120 In grimmigem Muthe standen da die Freunde sein. Da war auch darunter von Metz Herr Ortewein. Der Sprach: «Die S"uhne ist mir von Herzen leid: Euch ruft der starke Siegfried ohn allen Grund in den Streit.» 121 «Wenn ihr und eure Br"uder ihm auch nicht steht zur Wehr, Und ob er bei sich f"uhrte ein ganzes K"onigsheer, So wollt ichs doch erstreiten, dass der starke Held Also hohen Uebermuth, wohl mit Recht bei Seite stellt.» 122 Dar"uber z"urnte m"achtig der Held von Niederland: «Nicht wider mich vermessen darf sich deine Hand: Ich bin ein reicher K"onig, du bist in K"onigs Lehn; Deiner zw"olfe d"urften mich nicht im Streite bestehn.» 123 Nach Schwertern rief da heftig von Metz Herr Ortewein: Er durfte Hagens Schwestersohn von Tronje wahrlich sein; Dass er so lang geschwiegen, das war dem K"onig leid. Da sprach zum Frieden Gernot, ein Ritter k"uhn und allbereit. 124 «Lasst euer Z"urnen bleiben,» hub er zu Ortwein an, «Uns hat der edle Siegfried noch solches nicht gethan; Wir scheiden es in G"ute wohl noch, das rath ich sehr, Und haben ihn zum Freunde; es geziemt uns wahrlich mehr.» 125 Da sprach der starke Hagen «Uns ist billig leid und all euern Degen, dass er je zum Streit an den Rhein geritten: was liess er das nicht sein? So "ubel nie begegnet w"aren ihm die Herren mein.» 126 Da sprach wieder Siegfried, der kraftvolle Held: «Wenn euch, was ich gesprochen, Herr Hagen, missf"allt, So will ich schauen lassen, wie noch die H"ande mein Gedenken so gewaltig bei den Burgunden zu sein.» 127 «Das hoff ich noch zu wenden,» sprach da Gernot. Allen seinen Degen zu reden er verbot In ihrem Uebermuthe, was ihm w"are leid. Da gedacht auch Siegfried an die viel herrliche Maid. 128 «Wie geziemt’ uns mit euch zu streiten?» sprach wieder Gernot «Wie viel dabei der Helden auch fielen in den Tod, Wenig Ehre br"acht uns so ungleicher Streit.» Die Antwort hielt da Siegfried, K"onig Siegmunds Sohn, bereit: 129 «Warum z"ogert Hagen und auch Ortewein, Dass er nicht zum Streite eilt mit den Freunden sein, Deren er so manchen bei den Burgunden hat?» Sie blieben Antwort schuldig, das war Gernotens Rath. 130 «Ihr sollt uns willkommen sein,» sprach Geiselher das Kind, «Und eure Heergesellen, die hier bei euch find: Wir wollen gern euch dienen, ich und die Freunde mein.» Da hiess man den G"asten schenken K"onig Gunthers Wein. 131 Da sprach der Wirth des Landes: «Alles, was uns geh"ort, Verlangt ihr es in Ehren, das sei euch unverwehrt; Wir wollen mit euch theilen unser Gut und Blut.» Da ward dem Degen Siegfried ein wenig sanfter zu Muth. 132 Da liess man ihnen wahren all ihr Wehrgewand; Man suchte Herbergen, die besten, die man fand: Siegfriedens Knappen schuf man gut Gemach. Man sah den Fremdling gerne in Burgundenland hernach. 133 Man bot ihm grosse Ehre darauf in manchen Tagen, Mehr zu tausend Malen, als ich euch k"onnte sagen; Das hatte seine K"uhnheit verdient, das glaubt f"urwahr. Ihn sah wohl selten Jemand, der ihm nicht gewogen war. 134 Flissen sich der Kurzweil die K"onge und ihr Lehn, So war er st"ats der Beste, was man auch liess geschehn. Es konnt ihm Niemand folgen, so gross war seine Kraft, Ob sie den Stein warfen oder schossen den Schaft. 135 Nach h"ofscher Sitte liessen sich auch vor den Fraun Der Kurzweile pflegend die k"uhnen Ritter schaun: Da sah man st"ats den Helden gern von Niederland; Er hatt auf hohe Minne seine Sinne gewandt. 136 Die sch"onen Fraun am Hofe erfragten M"are, Wer der stolze fremde Recke w"are. «Er ist so sch"on gewachsen, so reich ist sein Gewand!» Da sprachen ihrer Viele: «Das ist der Held von Niederland.» 137 Was man beginnen wollte, er war dazu bereit; Er trug in seinem Sinne eine minnigliche Maid, Und auch nur ihn die Sch"one, die er noch nie gesehn, Und die sich doch viel Gutes von ihm schon heimlich versehn. 138 Wenn man auf dem Hofe das Waffenspiel begann, Ritter so wie Knappen, immer sah es an Kriemhild aus den Fenstern, die K"onigstochter hehr; Keiner andern Kurzweil hinfort bedurfte sie mehr. 139 Und w"ust er, dass ihn s"ahe, die er im Herzen trug, Davon h"att er Kurzweil immerdar genug. Ers"ahn sie seine Augen, ich glaube sicherlich, Keine andre Freude hier auf Erden w"unscht’ er sich. 140 Wenn er bei den Recken auf dem Hofe stand, Wie man noch zur Kurzweil pflegt in allem Land, Wie stand dann so minniglich das Sieglindenkind, Dass manche Frau ihm heimlich war von Herzen hold gesinnt. 141 Er gedacht auch manchmal: «Wie soll das geschehn, Dass ich das edle M"agdlein mit Augen m"oge sehn, Die ich von Herzen minne, wie ich schon l"angst gethan? Die ist mir noch gar fremde; mit Trauern denk ich daran.» 142 So oft die reichen K"onige ritten in ihr Land, So musten auch die Recken mit ihnen all zur Hand. Auch Siegfried ritt mit ihnen: das war der Frauen leid; Er litt von ihrer Minne auch Beschwer zu mancher Zeit. 143 So wohnt’ er bei den Herren, das ist alles wahr, In K"onig Gunthers Lande v"olliglich ein Jahr, Dass er die Minnigliche in all der Zeit nicht sah, Durch die ihm bald viel Liebes und auch viel Leides geschah.

Abenteuer 4

Wie Siegfried mit den Sachsen stritt

144 Da kamen fremde M"aren in K"onig Gunthers Land Durch Boten aus der Ferne ihnen zugesandt Von unbekannten Recken, die ihnen trugen Hass Als sie die Rede h"orten, gar sehr betr"ubte sie das. 145 Die will ich euch nennen: es war L"udeger Aus der Sachsen Lande, ein m"achtger K"onig hehr; Dazu vom D"anenlande der K"onig L"udegast: Die gewannen zu dem Kriege gar manchen herrlichen Gast. 146 Ihre Boten kamen in K"onig Gunthers Land, Die seine Widersacher hatten hingesandt. Da frug man um die M"are die Unbekannten gleich Und f"uhrte bald die Boten zu Hofe vor den K"onig reich. 147 Sch"on gr"usste sie der K"onig und sprach: «Seid willkommen! Wer euch hieher gesendet, hab ich noch nicht vernommen: Das sollt ihr h"oren lassen,» sprach der K"onig gut. Da bangten sie gewaltig vor des grimmen Gunther Muth. 148 «Wollt ihr uns, Herr, erlauben, dass wir euch Bericht Von unsrer M"are sagen, wir hehlen sie euch nicht. Wir nennen euch die Herren, die uns hieher gesandt: L"udegast und L"udeger die suchen heim euer Land. 149 Ihren Zorn habt ihr verdienet: wir vernahmen das Gar wohl, die Herren tragen euch beide grossen Hass. Sie wollen heerfahrten gen Worms an den Rhein; Ihnen helfen viel der Degen: lasst euch das zur Warnung sein.» 150 «Binnen zw"olf Wochen muss ihre Fahrt geschehn; Habt ihr nun guter Freunde, so lasst es bald ersehn, Die euch befrieden helfen die Burgen und das Land: Hier werden sie verhauen manchen Helm und Schildesrand.» 151 «Oder wollt ihr unterhandeln, so macht es offenbar; So reitet euch so nahe nicht gar manche Schar Eurer starken Feinde zu bitterm Herzeleid, Davon verderben m"ussen viel der Ritter k"uhn im Streit.» 152 «Nun harrt eine Weile (ich k"und euch meinen Muth), Bis ich mich recht bedachte,» sprach der K"onig gut. «Hab ich noch Getreue, denen will ichs sagen, Diese schwere Botschaft muss ich meinen Freunden klagen.» 153 Dem m"achtigen Gunther war es leid genug; Den Botenspruch er heimlich in seinem Herzen trug. Er hiess berufen Hagen und Andr’ in seinem Lehn Und hiess auch gar geschwinde zu Hof nach Gernoten gehn. 154 Da kamen ihm die Besten, so viel man deren fand. Er sprach: «Die Feinde wollen heimsuchen unser Land Mit starken Heerfahrten; das sei euch geklagt. Es ist gar unverschuldet, dass sie uns haben widersagt.» 155 «Dem wehren wir mit Schwertern,» sprach da Gernot, «Da sterben nur, die m"ussen: die lasset liegen todt. Ich werde nicht vergessen darum der Ehre mein: Unsre Widersacher sollen uns willkommen sein.» 156 Da sprach von Tronje Hagen: «Das d"unkt mich nicht gut; L"udegast und L"udeger sind voll Uebermuth. Wir k"onnen uns nicht sammeln in so kurzen Tagen,» So sprach der k"uhne Recke: «ihr sollt es Siegfrieden sagen.» 157 Da gab man den Boten Herbergen in der Stadt. Wie feind sie ihnen waren, sie gut zu pflegen bat Gunther der reiche, das war wohlgethan, Bis er erprobt an Freunden, wer ihm zu H"ulfe z"og heran. 158 Der K"onig trug im Herzen Sorge doch und Leid. Da sah ihn also trauern ein Ritter allbereit, Der nicht wissen konnte, was ihm war geschehn: Da bat er K"onig Gunthern, ihm den Grund zu gestehn. 159 «Mich nimmt h"ochlich Wunder,» sprach da Siegfried, «Wie die frohe Weise so v"ollig von euch schied, Deren ihr so lange mit uns mochtet pflegen.» Zur Antwort gab ihm Gunther, dieser zierliche Degen: 160 «Wohl mag ich allen Leuten nicht von dem Leide sagen, Das ich muss verborgen in meinem Herzen tragen: St"aten Freunden klagen soll man des Herzens Noth.» Siegfriedens Farbe ward da bleich und wieder roth. 161 Er sprach zu dem K"onige: «Was blieb euch je versagt? Ich will euch wenden helfen das Leid, das ihr klagt. Wollt ihr Freunde suchen, so will ich einer sein Und getrau es zu vollbringen mit Ehren bis ans Ende mein.» 162 «Nun lohn euch Gott, Herr Siegfried, die Rede d"unkt mich gut; Und kann mir auch nicht helfen eure Kraft und hoher Muth, So freut mich doch die M"are, dass ihr so hold mir seid: Leb ich noch eine Weile, ich vergelt es mit der Zeit. 163 Ich will euch h"oren lassen, was mich traurig macht. Von Boten meiner Feinde ward mir hinterbracht, Mit Heerfahrten k"amen sie mich zu suchen hie: Das geschah uns von Degen in diesen Landen noch nie.» 164 «Das lasst euch nicht betr"uben,» sprach da Siegfried, «S"anftet eur Gem"uthe und thut, wie ich euch rieth: Lasst mich euch erwerben Ehre so wie Frommen, Bevor eure Feinde her zu diesen Landen kommen.» 165 «Und h"atten dreissigtausend Helfer sich ersehn Eure starken Feinde, doch wollt ich sie bestehn, H"att ich auch selbst nur tausend: verlasst euch auf mich.» Da sprach der K"onig Gunther: «Das verdien ich st"ats um dich.» 166 «So heisst mir eurer Leute gewinnen tausend Mann, Da ich von den Meinen nicht mehr hier stellen kann Als der Recken zw"olfe; so wehr ich euer Land. Immer soll getreulich euch dienen Siegfriedens Hand.» 167 «Dazu soll Hagen helfen und auch Ortewein, Dankwart und Sindold, die lieben Recken dein. Auch soll da mit uns reiten Volker der k"uhne Mann: Der soll die Fahne f"uhren: keinen Bessern trefft ihr an.» 168 «Und lasst die Boten reiten heim in ihrer Herren Land; Dass sie uns bald da sehen, macht ihnen das bekannt, So dass unsre Burgen befriedet m"ogen sein.» Der K"onig hiess besenden Freund und Mannen insgemein. 169 Zu Hofe giengen wieder Die L"udeger gesandt; Sie freuten sich der Reise zur"uck ins Heimatland. Ihnen bot da reiche Gabe Gunther der K"onig gut Und sicheres Geleite: des waren sie wohlgemuth. 170 «Nun sagt,» sprach da Gunther, «meinen starken Feinden an, Ihre Reise bliebe besser ungethan; Doch wollten sie mich suchen hier in meinem Land, Wir zerr"annen denn die Freunde, ihnen werde Noth bekannt.» 171 Den Boten reiche Gaben man da zur Stelle trug: Deren hatte Gunther zu geben genug. Das durften nicht verschm"ahen Die L"udeger gesandt. Sie baten um Urlaub und r"aumten fr"ohlich das Land. 172 Als die Boten waren gen D"anemark gekommen, Und der K"onig L"udegast den Bericht vernommen, Was sie am Rhein geredet, als das ihm ward gesagt, Seine "uberm"uthge Botschaft ward da bereut und beklagt. 173 Sie sagten ihm, sie h"atten manch k"uhnen Mann im Lehn: «Darunter sah man Einen vor K"onig Gunthern stehn, Der war geheissen Siegfried, ein Held aus Niederland.» Leid wars L"udegasten, als er die Dinge so befand. 174 Als Die vom D"anenlande h"orten diese M"ar, Da eilten sie, der Helfer zu gewinnen desto mehr, Bis der K"onig L"udegast zwanzigtausend Mann Seiner k"uhnen Degen zu seiner Heerfahrt gewann. 175 Da besandte sich von Sachsen auch K"onig L"udeger, Bis sie vierzigtausend hatten und wohl mehr, Die mit ihnen ritten gen Burgundenland. Da hatt auch schon zu Hause der K"onig Gunther gesandt 176 Zu seinen n"achsten Freunden und seiner Br"uder Heer, Womit sie fahren wollten im Kriegszug einher, Und auch mit Hagens Recken: das that den Helden Noth. Darum musten Degen bald erschauen den Tod. 177 Sie schickten sich zur Reise; sie wollten nun hindann. Die Fahne muste f"uhren Volker der k"uhne Mann, Da sie reiten wollten von Worms "uber Rhein; Hagen von Tronje der muste Scharmeister sein. 178 Mit ihnen ritt auch Sindold und der k"uhne Hunold, Die wohl verdienen konnten reicher K"onge Gold. Dankwart, Hagens Bruder, und auch Ortewein Die mochten wohl mit Ehren bei dem Heerzuge sein. 179 «Herr K"onig,» sprach da Siegfried, «bleibet ihr zu Haus: Da mir eure Degen folgen zu dem Strauss, So weilt bei den Frauen und tragt hohen Muth: Ich will euch wohl beh"uten die Ehre so wie das Gut.» 180 «Die euch heimsuchen wollten zu Worms an dem Rhein, Will euch davor bewahren, dass sie euch sch"adlich sei’n: Wir wollen ihnen reiten so nah ins eigne Land, Dass ihnen bald in Sorge der Uebermuth wird gewandt.» 181 Vom Rheine sie durch Hessen mit ihren Helden ritten Nach dem Sachsenlande: da wurde bald gestritten. Mit Raub und mit Brande verheerten sie das Land, Dass bald den F"ursten beiden ward Noth und Sorge bekannt. 182 Sie kamen an die Marke; die Knechte r"uckten an. Siegfried der starke zu fragen da begann: «Wer soll nun der H"uter des Gesindes sein?» Wohl konnte nie den Sachsen ein Heerzug "ubler gedeihn. 183 Sie sprachen: «Lasst der Knappen h"uten auf den Wegen Dankwart den k"uhnen, das ist ein schneller Degen: Wir verlieren desto minder durch Die in L"udgers Lehn; Lasst ihn mit Ortweinen hie die Nachhut versehn.» 184 «So will ich selber reiten,» sprach Siegfried der Degen, «Den Feinden gegen"uber der Warte zu pflegen, Bis ich recht erkunde, wo die Recken sind.» Da stand bald in den Waffen der sch"onen Siegelinde Kind. 185 Das Volk befahl er Hagen, als er zog hindann, Ihm und Gernoten, diesem k"uhnen Mann. So ritt er hin alleine in der Sachsen Land, Wo er die rechte M"are wohl bald mit Ehren befand. 186 Er sah ein gross Geschwader, das auf dem Felde zog, Und die Kraft der Seinen gewaltig "uberwog: Es waren vierzigtausend oder wohl noch mehr. Siegfried in hohem Muthe sah gar fr"ohlich das Heer. 187 Da hatte sich ein Recke auch aus der Feinde Schar Erhoben auf die Warte, der wohl gewappnet war: Den sah der Degen Siegfried und ihn der k"uhne Mann; Jedweder auf den andern mit Zorn zu blicken begann. 188 Ich sag euch, wer der w"are, der hier der Warte pflag; Ein lichter Schild von Golde ihm vor der Linken lag. Es war der K"onig L"udegast, der h"utete sein Heer. Der edle Fremdling sprengte herrlich wider ihn einher. 189 Nun hatt auch ihn Herr L"udegast sich feindlich erkoren: Ihre Rosse reizten Beide zur Seite mit den Sporen; Sie neigten auf die Schilde mit aller Macht den Schaft: Da kam der hehre K"onig darob in grosser Sorgen Haft. 190 Dem Stich gehorsam trugen die Rosse pfeilgeschwind Die K"onige zusammen, als wehte sie der Wind; Dann mit den Z"aumen wandten sie ritterlich zur"uck: Die grimmen Zwei versuchten da mit dem Schwerte das Gl"uck. 191 Da schlug der Degen Siegfried, das Feld erscholl umher. Aus dem Helme stoben, als obs von Br"anden w"ar, Die feuerrothen Funken von des Helden Hand; Da stritt mit grossen Kr"aften der k"uhne Vogt von Niederland. 192 Auch ihm schlug Herr L"udegast manch grimmen Schlag; Jedweder auf dem Schilde mit ganzer St"arke lag. Da hatten es wohl dreissig ersp"aht aus seiner Schar: Eh die ihm H"ulfe brachten, der Sieg doch Siegfrieden war 193 Mit drei starken Wunden, die er dem K"onig schlug Durch einen lichten Harnisch; der war doch fest genug. Das Schwert mit seiner Sch"arfe entlockte Wunden Blut; Da gewann K"onig L"udegast einen traurigen Muth. 194 Er bat ihn um sein Leben und bot ihm all sein Land Und sagt’ ihm, er w"are L"udegast genannt. Da kamen seine Recken: die hatten wohl gesehn, Was da von ihnen beiden auf der Warte war geschehn. 195 Er f"uhrt’ ihn gern von dannen: da ward er angerannt Von dreissig seiner Mannen; doch wehrte seine Hand Seinen edeln Geisel mit ungest"umen Schl"agen. Bald that noch gr"ossern Schaden dieser zierliche Degen. 196 Die Dreissig zu Tode wehrlich er schlug; Ihrer Einen liess er leben: der ritt da schnell genug Und brachte hin die M"are von dem, was hier geschehn; Auch konnte man die Wahrheit an seinem rothen Helme sehn. 197 Gar leid wars den Recken aus dem D"anenland, Als ihres Herrn Gef"angniss ihnen ward bekannt. Man sagt’ es seinem Bruder: der fieng zu toben an In ungest"umem Zorne: ihm war gar wehe gethan. 198 L"udegast der K"onig war hinweggebracht Zu Gunthers Ingesinde von Siegfrieds Uebermacht. Er befahl ihn Hagen: der k"uhne Recke gut, Als er vernahm die M"are, da gewann er fr"ohlichen Muth. 199 Man gebot den Burgunden: «Die Fahne bindet an.» «Wohlauf,» sprach da Siegfried, «hier wird noch mehr gethan Vor Abendzeit, verlier ich Leben nicht und Leib: Das betr"ubt im Sachsenlande noch manches waidliche Weib.» 200 «Ihr Helden vom Rheine, ihr sollt mein nehmen wahr: Ich kann euch wohl geleiten zu L"udegers Schar. Da seht ihr Helme hauen von guter Helden Hand: Eh wir uns wieder wenden, wird ihnen Sorge bekannt.» 201 Zu den Rossen sprangen Gernot und Die ihm unterthan. Die Heerfahne fasste der k"uhne Spielmann, Volker der Degen, und ritt der Schar vorauf. Da war auch das Gesinde zum Streite muthig und wohlauf. 202 Sie f"uhrten doch der Degen nicht mehr denn tausend Mann, Dar"uber zw"olf Recken. Zu stieben da begann Der Staub von den Strassen: sie ritten "uber Land; Man sah von ihnen scheinen manchen sch"onen Schildesrand. 203 Nun waren auch die Sachsen gekommen und ihr Heer Mit Schwertern wohlgewachsen; die Klingen schnitten sehr, Das hab ich wohl vernommen, den Helden an der Hand: Da wollten sie die G"aste von Burgen wehren und Land. 204 Der Herren Scharmeister f"uhrten das Volk heran. Da war auch Siegfried kommen mit den zw"olf Mann, Die er mit sich f"uhrte aus dem Niederland. Des Tags sah man im Sturme manche blutige Hand. 205 Sindold und Hunold und auch Gernot Die schlugen in dem Streite viel der Helden todt, Eh sie ihrer K"uhnheit noch selber mochten traun: Das musten bald beweinen viel der waidlichen Fraun. 206 Volker und Hagen und auch Ortwein Leschten in dem Streite manches Helmes Schein Mit fliessendem Blute, die K"uhnen in der Schlacht. Von Dankwarten wurden viel grosse Wunder vollbracht. 207 Da versuchten auch die D"anen waidlich ihre Hand; Von St"ossen laut erschallte mancher Schildesrand Und von den scharfen Schwertern, womit man Wunden schlug. Die streitk"uhnen Sachsen thaten Schadens auch genug. 208 Als die Burgunden drangen in den Streit, Von ihnen ward gehauen manche Wunde weit: Ueber die S"attel fliessen sah man das Blut; So warben um die Ehre diese Ritter k"uhn und gut. 209 Man h"orte laut erhallen den Helden an der Hand Ihre scharfen Waffen, als Die von Niederland Ihrem Herrn nachdrangen in die dichten Reihn; Die zw"olfe kamen ritterlich zugleich mit Siegfried hinein. 210 Deren vom Rheine kam ihnen Niemand nach. Man konnte fliessen sehen den blutrothen Bach Durch die lichten Helme von Siegfriedens Hand, Eh er L"udegeren vor seinen Heergesellen fand. 211 Dreimal die Kehre hat er nun genommen Bis an des Heeres Ende; da war auch Hagen kommen: Der half ihm wohl vollbringen im Kampfe seinen Muth. Da muste bald ersterben vor ihnen mancher Ritter gut. 212 Als der starke L"udeger Siegfrieden fand, Wie er so erhaben trug in seiner Hand Balmung den guten und da so Manchen schlug, Dar"uber ward der K"uhne vor Zorn ingrimmig genug. 213 Da gab es stark Gedr"ange und lauten Schwerterklang, Wo ihr Ingesinde auf einander drang. Da versuchten desto heftiger die beiden Recken sich; Die Scharen wichen beide: der K"ampen Hass ward f"urchterlich. 214 Dem Vogt vom Sachsenlande war es wohl bekannt, Sein Bruder sei gefangen: drum war er zornentbrannt; Nicht wust er, ders vollbrachte, sei der Sieglindensohn. Man zeihte des Gernoten; hernach befand er es schon. 215 Da schlug so starke Schl"age L"udegers Schwert, Siegfrieden unterm Sattel niedersank das Pferd; Doch bald erhob sichs wieder: der k"uhne Siegfried auch Gewann jetzt im Sturme einen furchtbaren Brauch. 216 Dabei half ihm Hagen wohl und Gernot, Dankwart und Volker: da lagen Viele todt. Sindold und Hunold und Ortwein der Degen Die konnten in dem Streite zum Tode Manchen niederlegen. 217 Untrennbar im Kampfe waren die F"ursten hehr. Ueber die Helme fliegen sah man manchen Sper Durch die lichten Schilde von der Helden Hand; Auch ward von Blut ger"othet mancher herrliche Rand. 218 In dem starken Sturme sank da mancher Mann Von den Rossen nieder. Einander rannten an Siegfried der k"uhne und K"onig L"udeger; Man sah da Sch"afte fliegen und manchen schneidigen Sper. 219 Der Schildbeschlag des K"onigs zerstob vor Siegfrieds Hand. Sieg zu erwerben dachte der Held von Niederland An den k"uhnen Sachsen; die litten Ungemach. Hei! was da lichte Panzer der k"uhne Dankwart zerbrach! 220 Da hatte K"onig L"udeger auf einem Schild erkannt Eine gemalte Krone vor Siegfriedens Hand: Da sah er wohl, es w"are der kraftreiche Mann. Laut auf zu seinen Freunden der Held zu rufen begann: 221 «Begebt euch des Streites, ihr all mir unterthan! Den Sohn K"onig Siegmunds traf ich hier an, Siegfried den starken hab ich hier erkannt; Den hat der "uble Teufel her zu den Sachsen gefandt.» 222 Er gebot die Fahnen zu senken in dem Streit. Friedens er begehrte: der ward ihm nach der Zeit; Doch must er Geisel werden in K"onig Gunthers Land: Das hatt an ihm erzwungen des k"uhnen Siegfriedes Hand. 223 Nach allgemeinem Rathe liess man ab vom Streit. Viel zerschlagner Helme und der Schilde weit Legten sie aus H"anden; so viel man deren fand, Die waren blutger"othet von der Burgunden Hand. 224 Sie fiengen, wen sie wollten: sie hatten volle Macht. Gernot und Hagen, die schnellen, hatten Acht, Dass man die Wunden bahrte; da f"uhrten sie hindann Gefangen nach dem Rheine der K"uhnen f"unfhundert Mann. 225 Die sieglosen Recken zum D"anenlande ritten. Da hatten auch die Sachsen so tapfer nicht gestritten, Dass man sie loben sollte: das war den Helden leid. Da beklagten ihre Freunde die Gefallnen in dem Streit. 226 Sie liessen ihre Waffen aufs"aumen nach dem Rhein. Es hatte wohl geworben mit den Gef"ahrten sein Siegfried der starke und hatt es gut vollbracht: Das must ihm zugestehen K"onig Gunthers ganze Macht. 227 Gen Worms sandte Boten der K"onig Gernot: Daheim in seinem Lande den Freunden er entbot, Wie ihm gelungen w"are und all seinem Lehn: Es war da von den K"uhnen nach allen Ehren geschehn. 228 Die Botenknaben liefen; so ward es angesagt. Da freuten sich in Liebe, die eben Leid geklagt, Dieser frohen M"are, die ihnen war gekommen. Da ward von edlen Frauen grosses Fragen vernommen, 229 Wie es den Herrn gelungen w"ar in des K"onigs Heer. Man rief der Boten Einen zu Kriemhilden her. Das geschah verstohlen, sie durfte es wohl nicht laut: Denn Einer war darunter, dem sie l"angst ihr Herz vertraut. 230 Als sie in ihre Kammer den Boten kommen sah, Kriemhild die sch"one gar g"utlich sprach sie da: «Nun sag mir liebe M"are, so geb ich dir mein Gold, Und thust dus ohne Tr"ugen, will ich dir immer bleiben hold.» 231 «Wie schied aus dem Streite mein Bruder Gernot Und meine andern Freunde? Blieb uns nicht Mancher todt? Wer that da das Beste? das sollst du mir sagen» Da sprach der biedre Bote: «Wir hatten nirgend einen Zagen.» 232 «Zuvorderst in dem Streite ritt Niemand so wohl, Hehre K"onigstochter, wenn ich es sagen soll, Als der edle Fremdling aus dem Niederland: Da wirkte grosse Wunder des k"uhnen Siegfriedes Hand.» 233 «Was von den Recken allen im Streit da geschehn, Dankwart und Hagen und des K"onigs ganzem Lehn, Wie wehrlich sie auch stritten, das war doch wie ein Wind Nur gegen Siegfrieden, K"onig Siegmundens Kind.» 234 «Sie haben in dem Sturme der Helden viel erschlagen; Doch m"ocht euch dieser Wunder ein Ende Niemand sagen, Die da Siegfried wirkte, ritt er in den Streit. Den Fraun an ihren Freunden that er m"achtiges Leid.» 235 «Auch muste vor ihm fallen der Friedel mancher Braut. Seine Schl"age schollen auf Helmen also laut, Dass sie aus Wunden brachten das fliessende Blut: Er ist in allen Dingen ein Ritter k"uhn und auch gut.» 236 «Da hat auch viel begangen von Metz Herr Ortewein: Was er nur mocht erlangen mit dem Schwerte sein, Das fiel vor ihm verwundet oder meistens todt. Da schuf euer Bruder die allergr"osseste Noth,» 237 «Die jemals in St"urmen mochte sein geschehn; Man muss dem Auserw"ahlten die Wahrheit zugestehn. Die stolzen Burgunden bestanden so die Fahrt, Dass sie vor allen Schanden die Ehre haben bewahrt.» 238 «Man sah von ihren H"anden der S"attel viel geleert, Als so laut das Feld erhallte von manchem lichten Schwert. Die Recken vom Rheine die ritten allezeit, Dass ihre Feinde besser vermieden h"atten den Streit.» 239 «Auch die k"uhnen Tronjer schufen grosses Leid, Als mit Volkskr"aften das Heer sich traf im Streit. Da schlug so Manchen nieder des k"uhnen Hagen Hand, Es w"are viel zu sagen davon in der Burgunden Land.» 240 «Sindold und Hunold in Gernotens Heer Und Rumold der k"uhne schufen so viel Beschwer, K"onig L"udger mag es beklagen allezeit, Dass er meine Herren am Rhein berief in den Streit.» 241 «Kampf, den allerh"ochsten, der irgend da geschah, Vom Ersten bis zum Letzten, den Jemand nur sah, Hat Siegfried gefochten mit wehrlicher Hand: Er bringt reiche Geisel her in K"onig Gunthers Land.» 242 «Die zwang mit seinen Kr"aften der streitbare Held, Wovon der K"onig L"udegast den Schaden nun beh"alt Und vom Sachsenlande sein Bruder L"udeger. Nun h"ort meine M"are, viel edle K"onigin hehr!» 243 «Gefangen hat sie beide Siegfriedens Hand: Nie so mancher Geisel kam in dieses Land, Als nun seine K"uhnheit bringt an den Rhein.» Ihr konnten diese M"aren nicht willkommener sein. 244 «Man f"uhrt der Gesunden f"unfhundert oder mehr Und der zum Sterben Wunden, wisst, K"onigin hehr, Wohl achtzig blutge Bahren her in unser Land: Die hat zumeist verhauen des k"uhnen Siegfriedes Hand.» 245 «Die uns im Uebermuthe widersagten hier am Rhein, Die m"ussen nun Gefangene K"onig Gunthers sein; Die bringt man mit Freuden her in dieses Land.» Ihre lichte Farb erbl"uhte, als ihr die M"are ward bekannt. 246 Ihr sch"ones Antlitz wurde vor Freuden rosenroth, Da lebend war geschieden aus so grosser Noth Der waidliche Recke, Siegfried der junge Mann. Sie war auch froh der Freunde und that wohl weislich daran. 247 Die Sch"one sprach: «Du machtest mir frohe M"ar bekannt: Ich lasse dir zum Lohne geben reich Gewand, Und zehn Mark von Golde heiss ich dir tragen.» Drum mag man solche Botschaft reichen Frauen gerne sagen. 248 Man gab ihm zum Lohne das Gold und auch das Kleid. Da trat an die Fenster manche sch"one Maid Und schaute nach der Strasse, wo man reiten fand Viel hochherzge Degen in der Burgunden Land. 249 Da kamen die Gesunden, der Wunden Schar auch kam: Die mochten gr"ussen h"oren von Freunden ohne Scham. Der Wirth ritt seinen G"asten entgegen hocherfreut: Mit Freuden war beendet all sein m"achtiges Leid. 250 Da empfieng er wohl die Seinen, die Fremden auch zugleich, Wie es nicht anders ziemte dem K"onige reich, Als denen g"utlich danken, die da waren kommen, Dass sie den Sieg mit Ehren im Sturme hatten genommen. 251 Herr Gunther liess sich Kunde von seinen Freunden sagen, Wer ihm auf der Reise zu Tode w"ar erschlagen, Da hatt er nicht verloren mehr als sechzig Mann; Die muste man verschmerzen, wie man noch Manchen gethan. 252 Da brachten die Gesunden zerhauen manchen Rand Und viel zerschlagener Helme in K"onig Gunthers Land. Das Volk sprang von den Rossen vor des K"onigs Saal; Zu liebem Empfange vernahm man fr"ohlichen Schall. 253 Da gab man Herbergen den Recken in der Stadt. Der K"onig seine G"aste wohl zu verpflegen bat; Die Wunden liess er h"uten und warten fleissiglich. Wohl zeigte seine Milde auch an seinen Feinden sich. 254 Er sprach zu L"udegeren: «Nun seid mir willkommen! Ich bin zu grossem Schaden durch eure Schuld gekommen: Der wird mir nun vergolten, wenn ich das schaffen kann. Gott lohne meinen Freunden: sie haben wohl an mir gethan.» 255 «Wohl m"ogt ihr ihnen danken,» sprach da L"udeger, «Solche hohe Geisel gewann kein K"onig mehr. Um ritterlich Gewahrsam bieten wir grosses Gut Und bitten, dass ihr gn"adiglich an euern Widersachern thut.» 256 «Ich will euch,» sprach er, «Beide ledig lassen gehn; Nur dass meine Feinde hier bei mir bestehn, Daf"ur verlang ich B"urgschaft, damit sie nicht mein Land R"aumen ohne Frieden.» Darauf boten sie die Hand. 257 Man brachte sie zur Ruhe, wo man sie wohl verpflag. Und bald auf guten Betten mancher Wunde lag. Man schenkte den Gesunden Meth und guten Wein; Da konnte das Gesinde nicht wohl fr"ohlicher sein. 258 Die zerhaunen Schilde man zum Verschlusse trug; Blutgef"arbter S"attel sah man da genug. Die liess man verbergen, so weinten nicht die Fraun. Da waren reisem"ude viel gute Ritter zu schaun. 259 Seiner G"aste pflegen hiess der K"onig wohl; Von Heimischen und Fremden lag das Land ihm voll; Er liess die F"ahrlichwunden g"utlich verpflegen: Wie hart war darnieder nun ihr Uebermuth gelegen! 260 Die Arzneikunst wusten, denen bot man reichen Sold, Silber ungewogen, dazu das lichte Gold, Wenn sie die Helden heilten nach des Streites Noth. Dazu viel grosse Gaben der K"onig seinen G"asten bot. 261 Wer wieder heimzureisen sann in seinem Muth, Den bat man noch zu bleiben, wie man mit Freunden thut. Der K"onig gieng zu Rathe, wie er lohne seinem Lehn: Durch sie war sein Wille nach allen Ehren geschehn. 262 Da sprach der K"onig Gernot: «Lasst sie jetzt hindann; Ueber sechs Wochen, das k"undigt ihnen an, Sollten sie wiederkehren zu einem Hofgelag: Heil ist dann wohl Mancher, der jetzt schwer verwundet lag.» 263 Da bat auch um Urlaub Siegfried von Niederland. Als dem K"onig Gunther sein Wille ward bekannt, Bat er ihn gar minniglich, noch bei ihm zu bestehn; Wenn nicht um seine Schwester, so w"ar es nimmer geschehn. 264 Dazu war er zu m"achtig, dass man ihm b"ote Sold, So sehr er es verdiente. Der K"onig war ihm hold Und all seine Freunde, die das mit angesehn, Was da von seinen H"anden war im Streite geschehn. 265 Er dachte noch zu bleiben um die sch"one Maid; Vielleicht, dass er sie s"ahe. Das geschah auch nach der Zeit: Wohl nach seinem Wunsche ward sie ihm bekannt. Dann ritt er reich an Freuden heim in seines Vaters Land. 266 Der Wirth bat alle Tage des Ritterspiels zu pflegen; Das that mit gutem Willen mancher junge Degen. Auch liess er Sitz’ errichten vor Worms an dem Strand F"ur Die da kommen sollten in der Burgunden Land. 267 Nun hatt auch in den Tagen, als sie sollten kommen, Kriemhild die sch"one die M"are wohl vernommen, Er stell ein Hofgelage mit lieben Freunden an. Da dachten sch"one Frauen mit grossem Fleisse daran, 268 Gewand und Band zu suchen, das sie wollten tragen. Ute die reiche vernahm die M"are sagen Von den stolzen Recken, die da sollten kommen: Da wurden aus dem Einschlag viele reiche Kleider genommen. 269 Ihrer Kinder halb bereiten liess sie Rock und Kleid, Womit sich da zierten viel Fraun und manche Maid Und viel der jungen Recken aus Burgundenland. Sie liess auch manchem Fremden bereiten herrlich Gewand.

Abenteuer 5

Wie Siegfried Kriemhilden zuerst ersah

270 Man sah die Helden t"aglich nun reiten an den Rhein, Die bei dem Hofgelage gerne wollten sein Und den K"onigen zu Liebe kamen in das Land. Man gab ihrer Vielen beides, Ross und Gewand. 271 Es war auch das Gest"uhle allen schon bereit, Den H"ochsten und den Besten, so h"orten wir Bescheid, Zweiunddreissig F"ursten zu dem Hofgelag: Da zierten um die Wette sich die Frauen f"ur den Tag. 272 Gar gesch"aftig sah man Geiselher das Kind. Die Heimischen und Fremden empfieng er holdgesinnt Mit Gernot seinem Bruder und beider Mannen da. Wohl gr"ussten sie die Degen, wie es nach Ehren geschah. 273 Viel goldrother S"attel f"uhrten sie ins Land, Zierliche Schilde und herrlich Gewand Brachten sie zu Rheine bei dem Hofgelag. Mancher Ungesunde hieng der Freude wieder nach. 274 Die wund zu Bette liegend vordem gelitten Noth, Die durften nun vergessen, wie bitter sei der Tod; Die Siechen und die Kranken vergass man zu beklagen. Es freute sich ein Jeder entgegen festlichen Tagen: 275 Wie sie da leben wollten in gastlichem Genuss! Wonnen ohne Massen, der Freuden Ueberfluss Hatten alle Leute, so viel man immer fand: Da hub sich grosse Wonne "uber Gunthers ganzes Land. 276 An einem Pfingstmorgen sah man sie alle gehn Wonniglich gekleidet, viel Degen ausersehn, F"unftausend oder dr"uber, dem Hofgelag entgegen. Da hub um die Wette sich viel Kurzweil allerwegen. 277 Der Wirth hatt im Sinne, was er schon l"angst erkannt, Wie von ganzem Herzen der Held von Niederland Seine Schwester liebe, sah er sie gleich noch nie, Der man das Lob der Sch"onheit vor allen Jungfrauen lieh. 278 Er sprach: «Nun rathet Alle, Freund oder Unterthan, Wie wir das Hofgelage am besten stellen an, Dass man uns nicht schelte darum nach dieser Zeit; Zuletzt doch an den Werken liegt das Lob, das man uns beut.» 279 Da sprach zu dem K"onige von Metz Herr Ortewein: «Soll diess Hofgelage mit vollen Ehren sein, So lasst eure G"aste die sch"onen Kinder sehn, Denen so viel Ehren in Burgundenland geschehn.» 280 «Was w"are Mannes Wonne, was freut’ er sich zu schaun, Wenn nicht sch"one M"agdelein und herrliche Fraun? Drum lasst eure Schwester vor die G"aste gehn.» Der Rath war manchem Helden zu hoher Freude geschehn. 281 «Dem will ich gerne folgen,» der K"onig sprach da so. Alle, die’s erfuhren, waren dar"uber froh. Er entbot es Frauen Uten und ihrer Tochter sch"on, Dass sie mit ihren Maiden hin zu Hofe sollten gehn. 282 Da ward aus den Schreinen gesucht gut Gewand, So viel man eingeschlagen der lichten Kleider fand, Der Borten und der Spangen; des lag genug bereit. Da zierte sich gar minniglich manche waidliche Maid. 283 Mancher junge Recke w"unschte heut so sehr, Dass er wohlgefallen m"ochte den Frauen hehr, Das er daf"ur nicht n"ahme ein reiches K"onigsland: Sie sahen die gar gerne, die sie nie zuvor gekannt. 284 Da liess der reiche K"onig mit seiner Schwester gehn Hundert seiner Recken, zu ihrem Dienst ersehn Und dem ihrer Mutter, die Schwerter in der Hand: Das war das Hofgesinde in der Burgunden Land. 285 Ute die reiche sah man mit ihr kommen, Die hatte sch"oner Frauen sich zum Geleit genommen Hundert oder dr"uber, geschm"uckt mit reichem Kleid. Auch folgte Kriemhilden manche waidliche Maid. 286 Aus einer Kemenate sah man sie alle gehn: Da muste heftig Dr"angen von Helden bald geschehn, Die alle harrend standen, ob es m"ochte sein, Dass sie da fr"ohlich s"ahen dieses edle M"agdelein. 287 Da kam die Minnigliche, wie das Morgenroth Tritt aus tr"uben Wolken. Da schied von mancher Noth, Der sie im Herzen hegte, was lange war geschehn. Er sah die Minnigliche nun gar herrlich vor sich stehn. 288 Von ihrem Kleide leuchtete mancher edle Stein; Ihre rosenrothe Farbe gab wonniglichen Schein. Was Jemand w"unschen mochte, er muste doch gestehn, Dass er hier auf Erden noch nicht so Sch"ones gesehn. 289 Wie der lichte Vollmond vor den Sternen schwebt, Des Schein so hell und lauter sich aus den Wolken hebt, So gl"anzte sie in Wahrheit vor andern Frauen gut: Das mochte wohl erh"ohen den zieren Helden den Muth. 290 Die reichen K"ammerlinge schritten vor ihr her; Die hochgemuthen Degen liessen es nicht mehr: Sie dr"angten, dass sie s"ahen die minnigliche Maid. Siegfried dem Degen war es lieb und wieder leid. 291 Er sann in seinem Sinne: «Wie dacht ich je daran, Dass ich dich minnen sollte? das ist ein eitler Wahn; Soll ich dich aber meiden, so w"ar ich sanfter todt.» Er ward von Gedanken oft bleich und oft wieder roth. 292 Da sah man den Sigelindensohn so minniglich da stehn, Als w"ar er entworfen auf einem Pergamen Von guten Meisters H"anden: gern man ihm zugestand, Dass man nie im Leben so sch"onen Helden noch fand. 293 Die mit Kriemhilden giengen, die hiessen aus den Wegen Allenthalben weichen: dem folgte mancher Degen. Die hochgetragnen Herzen freute man sich zu schaun: Man sah in hohen Z"uchten viel der herrlichen Fraun. 294 Da sprach von Burgunden der K"onig Gernot: «Dem Helden, der so g"utlich euch seine Dienste bot, Gunther, lieber Bruder, dem bietet hier den Lohn Vor allen diesen Recken: des Rathes spricht man mir nicht Hohn.» 295 «Heisset Siegfrieden zu meiner Schwester kommen, Dass ihn das M"agdlein gr"usse: das bringt uns immer Frommen: Die niemals Recken gr"usste, soll sein mit Gr"ussen pflegen, Dass wir uns so gewinnen diesen zierlichen Degen.» 296 Des Wirthes Freunde giengen dahin, wo man ihn fand; Sie sprachen zu dem Recken aus dem Niederland: «Der K"onig will erlauben, ihr sollt zu Hofe gehn, Seine Schwester soll euch gr"ussen: die Ehre soll euch geschehn.» 297 Der Rede ward der Degen in seinem Muth erfreut: Er trug in seinem Herzen Freude sonder Leid, Dass er der sch"onen Ute Tochter sollte sehn. In minniglichen Z"uchten empfieng sie Siegfrieden sch"on. 298 Als sie den Hochgemuthen vor sich stehen sah, Ihre Farbe ward entz"undet; die Sch"one sagte da: «Willkommen, Herr Siegfried, ein edler Ritter gut.» Da ward ihm von dem Grusse gar wohl erhoben der Muth. 299 Er neigte sich ihr minniglich, als er den Dank ihr bot. Da zwang sie zu einander sehnender Minne Noth; Mit liebem Blick der Augen sahn einander an Der Held und auch das M"agdelein; das ward verstohlen gethan. 300 Ward da mit sanftem Drucke geliebkost weisse Hand In herzlicher Minne, das ist mir unbekannt. Doch kann ich auch nicht glauben, sie h"attens nicht gethan. Liebebed"urftige Herzen th"aten Unrecht daran. 301 Zu des Sommers Zeiten und in des Maien Tagen Durft er in seinem Herzen nimmer wieder tragen So viel hoher Wonne, als er da gewann, Da die ihm an der Hand gieng, die der Held zu minnen sann. 302 Da gedachte mancher Recke: «Hei! w"ar mir so geschehn, Dass ich so bei ihr gienge, wie ich ihn gesehn, Oder bei ihr l"age! das n"ahm ich willig hin.» Es diente nie ein Recke so gut noch einer K"onigin. 303 Aus welchen K"onigs Landen ein Gast gekommen war, Er nahm im ganzen Saale nur dieser beiden wahr. Ihr ward erlaubt zu k"ussen den waidlichen Mann: Ihm ward in seinem Leben nie so Liebes gethan. 304 Von D"anemark der K"onig hub an und sprach zur Stund: «Des hohen Grusses willen liegt gar Mancher wund, Wie ich wohl hier gewahre, von Siegfriedens Hand: Gott lass ihn nimmer wieder kommen in der D"anen Land.» 305 Da hiess man allenthalben weichen aus den Wegen Kriemhild der Sch"onen; manchen k"uhnen Degen Sah man wohlgezogen mit ihr zur Kirche gehn. Bald ward von ihr geschieden dieser Degen ausersehn. 306 Da gieng sie zu dem M"unster und mit ihr viel der Fraun. Da war in solcher Zierde die K"onigin zu schaun, Dass da hoher W"unsche mancher ward verloren; Sie war zur Augenweide viel der Recken auserkoren. 307 Kaum erharrte Siegfried, bis schloss der Messgesang; Er mochte seinem Heile des immer sagen Dank, Dass ihm so gewogen war, die er im Herzen trug: Auch war er der Sch"onen nach Verdiensten hold genug. 308 Als sie aus dem M"unster nach der Messe kam, Lud man wieder zu ihr den Helden lobesam. Da begann ihm erst zu danken die minnigliche Maid, Dass er vor allen Recken so k"uhn gefochten im Streit. 309 «Nun lohn euch Gott, Herr Siegfried,» sprach das sch"one Kind, «Dass ihr das verdientet, dass euch die Recken sind So hold mit ganzer Treue, wie sie zumal gestehn.» Da begann er Frau Kriemhilden minniglich anzusehn. 310 «St"ats will ich ihnen dienen,» sprach Stegfried der Degen, «Und will mein Haupt nicht eher zur Ruhe niederlegen, Bis ihr Wunsch geschehen, so lang mein Leben w"ahrt: Das thu ich, Frau Kriemhild, dass ihr mir Minne gew"ahrt.» 311 Innerhalb zw"olf Tagen, so oft es neu getagt, Sah man bei dem Degen die wonnigliche Magd, So sie zu Hofe durfte vor ihren Freunden gehn. Der Dienst war dem Recken aus grosser Liebe geschehn. 312 Freude und Wonne und lauten Schwerterschall Vernahm man alle Tage vor K"onig Gunthers Saal, Davor und darinnen von manchem k"uhnen Mann. Von Ortwein und Hagen wurden Wunder viel gethan. 313 Was man zu "uben w"unschte, dazu sah man bereit In v"olligem Masse die Degen k"uhn im Streit. Da machten vor den G"asten die Recken sich bekannt; Es war eine Zierde K"onig Gunthers ganzem Land. 314 Die lange wund gelegen, wagten sich an den Wind: Sie wollten kurzweilen mit des K"onigs Ingesind, Schirmen mit den Schilden und schiessen manchen Schaft. Des halfen ihnen Viele; sie hatten gr"ossliche Kraft. 315 Bei dem Hofgelage liess sie der Wirth verpflegen Mit der besten Speise; es durfte sich nicht regen Nur der kleinste Tadel, der F"ursten mag entstehn; Man sah ihn jetzo freundlich hin zu seinen G"asten gehn. 316 Er sprach: «Ihr guten Recken, bevor ihr reitet hin, So nehmt meine Gaben: also fleht mein Sinn, Ich will euch immer danken; verschm"aht nicht mein Gut: Es unter euch zu theilen hab ich willigen Muth.» 317 Die vom D"anenlande sprachen gleich zur Hand: «Bevor wir wieder reiten heim in unser Land, Gew"ahrt uns st"aten Frieden: das ist uns Recken noth; Uns sind von euern Degen viel der lieben Freunde todt.» 318 Genesen von den Wunden war L"udegast derweil; Der Vogt des Sachsenlandes war bald vom Kampfe heil. Etliche Todte liessen sie im Land. Da gieng der K"onig Gunther hin, wo er Siegfrieden fand. 319 Er sprach zu dem Recken: «Nun rath mir, wie ich thu. Unsre G"aste wollen reiten morgen fruh Und gehn um st"ate S"uhne mich und die Meinen an: Nun rath, k"uhner Degen, was dich d"unke wohlgethan.» 320 «Was mir die Herrn bieten, das will ich dir sagen: Was f"unfhundert M"ahren an Gold m"ogen tragen, Das bieten sie mir gerne f"ur ihre Freiheit an.» Da sprach aber Siegfried: «Das w"ar "ubel gethan.» 321 «Ihr sollt sie beide ledig von hinnen lassen ziehn; Nur dass die edeln Recken sich h"uten f"urderhin Vor feindlichem Reiten her in euer Land, Lasst euch zu Pfande geben der beiden K"onige Hand.» 322 «Dem Rathe will ich folgen.» So giengen sie hindann. Seinen Widersachern ward es kundgethan, Des Golds begehre Niemand, das sie geboten eh. Daheim den lieben Freunden war nach den heerm"uden weh. 323 Viel Schilde schatzbeladen trug man da herbei: Das theilt’ er ungewogen seinen Freunden frei, An f"unfhundert Marken und Manchem wohl noch mehr; Gernot rieth es Gunthern, dieser Degen k"uhn und hehr. 324 Um Urlaub baten alle, sie wollten nun hindann. Da kamen die G"aste vor Kriemhild heran Und dahin auch, wo Frau Ute sass, die K"onigin. Es zogen nie mehr Degen so wohl beurlaubt dahin. 325 Die Herbergen leerten sich, als sie von dannen ritten. Doch verblieb im Lande mit herrlichen Sitten Der K"onig mit den Seinen und mancher edle Mann: Die giengen alle Tage zu Frau Kriemhild heran. 326 Da wollt auch Urlaub nehmen Siegfried der gute Held, Verzweifelnd zu erwerben, worauf sein Sinn gestellt. Der K"onig h"orte sagen, er wolle nun hindann: Geiselher der junge ihn von der Reise gewann. 327 «Wohin, edler Siegfried, wohin reitet ihr? H"ort meine Bitte, bleibt bei den Recken hier, Bei Gunther dem K"onig und bei seinem Lehn: Hier sind viel sch"one Frauen, die l"asst man euch gerne sehn.» 328 Da sprach der starke Siegfried: «So lasst die Rosse stehn. Von hinnen wollt ich reiten, das lass ich mir vergehn. Tragt auch hinweg die Schilde: wohl wollt ich in mein Land: Davon hat mich Herr Geiselher mit grossen Treuen gewandt.» 329 So verblieb der K"uhne dem Freund zu Liebe dort. Auch w"ar ihm in den Landen an keinem andern Ort So wohl als hier geworden: daher es nun geschah, Dass er alle Tage die sch"one Kriemhild ersah. 330 Ihrer hohen Sch"onheit willen der Degen da verblieb. Mit mancher Kurzweile man nun die Zeit vertrieb; Nur zwang ihn ihre Minne, die schuf ihm oftmals Noth; Darum hernach der K"uhne lag zu grossem Jammer todt.

Abenteuer 6

Wie Gunther um Brunhild gen Isenland fuhr

331 Wieder neue M"are erhob sich "uber Rhein: Man sagte sich, da w"are manch sch"ones M"agdelein. Sich eins davon zu werben sann K"onig Gunthers Muth. Das dauchte seine Recken und die Herren alle gut. 332 Es war eine K"onigin gesessen "uber Meer, Ihr zu vergleichen war keine andre mehr. Sch"on war sie aus der Massen, gar gross war ihre Kraft; Sie schoss mit schnellen Degen um ihre Minne den Schaft. 333 Den Stein warf sie ferne, nach dem sie weithin sprang; Wer ihrer Minne gehrte, der muste sonder Wank Drei Spiel’ ihr abgewinnen, der Frauen wohlgeboren; Gebrach es ihm an Einem, so war das Haupt ihm verloren. 334 Die K"onigstochter hatte das manchesmal gethan. Das erfuhr am Rheine ein Ritter wohlgethan. Der seine Sinne wandte auf das sch"one Weib. Drum musten bald viel Degen verlieren Leben und Leib. 335 Als einst mit seinen Leuten sass der K"onig hehr, Ward es von allen Seiten berathen hin und her, Welche ihr Herr sich sollte zum Gemahl erschaun, Die er zum Weibe wollte und dem Land geziemte zur Fraun. 336 Da sprach der Vogt vom Rheine: «Ich will an die See Hin zu Brunhilden, wie es mir ergeh. Um ihre Minne wag ich Leben und Leib, Die will ich verlieren, gewinn ich nicht sie zum Weib.» 337 «Das m"ocht ich widerrathen,» sprach Siegfried wider ihn: «So grimmiger Sitte pflegt die K"onigin, Um ihre Minne werben, das kommt hoch zu stehn: Drum m"ogt ihrs wohl entrathen, auf diese Reise zu gehn.» 338 Da sprach der K"onig Gunther: «Ein Weib ward noch nie So stark und k"uhn geboren, im Streit wollt ich sie Leichtlich "uberwinden allein mit meiner Hand.» «Schweigt,» sprach da Siegfried, «sie ist euch noch unbekannt.»
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