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Немецкий с улыбкой. Учись смеяться не плача / Lerne lachen ohne zu weinen
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Нестерова Е. В.

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Nun bin ich auch erwachsen und verstehe meine Miterwachsenen doch nicht sehr sch"on. Es ist wohl vor allem der tierische Ernst [68] , von dem der Weise als von dem Kennzeichen niedriger Naturen spricht, der mich fernh"alt. Wie nehmen sie es alles ernst! Sich und ihren Beruf und ihr Haus und ihre Familie und ihr Vaterland und ihre Partei und ihr Geld, na, das vor allem – und da ist kaum ein Augenblick, in dem sie sich einmal selber auf den Kopf spucken k"onnen, "uber sich selber lachen, einmal aus sich herausgehen… nicht doch. Ich stehe daneben wie Chaplin: ich muss immerzu den Kopf sch"utteln. Und sehe an mir herunter: Ja, trage ich denn noch kurze Hosen? Nein, im allgemeinen nicht. Ich sollte doch nun auch als Original-Erwachsener mit den Grossen gross tun… ich kann nicht. Das ist sehr gef"ahrlich – man darf es gar nicht laut sagen; dann nehmen sie einen nicht mehr f"ur voll. „Der Mann is nich zerjeehs“, sagen sie dann. Ich kenne Kaufleute, die sind j"unger als ich; wenn die vom Gesch"aft sprechen, bin ich wieder sieben Jahre, klettere meinem Papa auf dem Schoss herum, und der sagt: „Jetzt st"ore mal nicht! Also, Herr Fahrenholz – wir haben bei der Kontrolle festgestellt…“ Dabei war Vater nicht ernster, als er unbedingt musste, er hatte Humor – aber wenn er "uber seine Gesch"afte sprach, dann machte er das ganz ernst und vern"unftig, und ich verstand kein Wort. Ich sah an ihm hoch…

68

разг. tierischer Ernst – полное отсутствие чувства юмора

Ich sehe heute an den Erwachsenen hoch. Das kommt vielleicht auch daher, dass sie alle einen richtigen Beruf haben, der sie ergriffen hat (sie bilden sich ein: den sie ergriffen haben). Wenns windig ist, halten sie sich an dem fest. Ja, ich kann das auch – aber dann muss ich mich verstellen. Im Laufe der Jahre lernt man so allm"ahlich, was man in den verschiedenen Lagen tun muss: hier l"ugen und da mit Applomb die Wahrheit sagen und auf alle F"alle furchtbar ernst sein. Manchmal juckt es mich gradezu, w"ahrend solch eines Gespr"achs, Verzeihung: Verhandlung, pardon: Konferenz, den Partner ein bisschen in die Seite zu schubsen und zu sagen: „Max. Das ist doch alles Zimt. H"or mal zu, wir wollen das so machen…“ Aber das darf man nicht. Man muss sein Gesicht glatt halten, wie wenn ein unsichtbares Monokel drin s"asse, kalt und hart, r"omisch-japanisch, und dann muss man sagen: „Ich habe da noch einige Bedenken. Die Ziffer IV des Vertrages…“ So muss man. Aber man m"ochte das nicht.

Und daher bringts denn auch unsereiner zu nichts. Geld will ernst genommen werden; sonst kommt es nicht zu dir. Und ich werde immer j"unger und werde wohl mit siebzig reifenspielend im Tiergarten angetroffen werden und selig die Kinderb"ucher meiner Jugend lesend. Und wenn mir heute auf dem Lande Kinder begegnen, die scheu den fremden, dicken Mann gr"ussen, dann m"ochte ich immer hingehn und sagen: Kinder, ich geh"ore ja eigentlich zu euch – nicht zu euerm Lehrer! Aber das glauben sie mir nicht, f"ur sie bin ich ein Erwachsener. Und f"ur die Erwachsenen ein halbes Kind. Man hats gar nicht leicht im menschlichen Leben.

Es gibt keinen Neuschnee

Wenn du aufw"arts gehst [69] und dich hochaufatmend umsiehst, was du doch f"ur ein Kerl bist, der solche H"ohen erklimmen kann, du, ganz allein —: dann entdeckst du immer Spuren im Schnee. Es ist schon einer vor dir da gewesen.

Glaube an Gott. Verzweifle an ihm. Verwirf alle Philosophie. Lass dir vom Arzt einen Magenkrebs [70] ansagen und wisse: es sind nur noch vier Jahre, und dann ist es aus. Glaub an eine Frau. Verzweifle an ihr. F"uhre ein Leben mit zwei Frauen. St"urze dich in die Welt. Zieh dich von ihr zur"uck…

69

aufw"arts gehen – подниматься

70

Magenkrebs – рак желудка

Und alle diese Lebensgef"uhle hat schon einer vor dir gehabt; so hat schon einer geglaubt, gezweifelt, gelacht, geweint und nachdenklich in der Nase gebohrt, genau so. Es ist immer schon einer da gewesen.

Das "andert nichts, ich weiss. Du erlebst es ja zum ersten Mal. F"ur dich ist es Neuschnee, der da liegt. Es ist aber keiner, und diese Entdeckung ist zuerst sehr schmerzlich. In Polen lebte einmal ein armer Jude, der hatte kein Geld, zu studieren, aber die Mathematik brannte ihm im Gehirn. Er las, was er bekommen konnte, die paar sp"arlichen B"ucher, und er studierte und dachte, dachte f"ur sich weiter. Und erfand eines Tages etwas, er entdeckte es, ein ganz neues System, und er f"uhlte: ich habe etwas gefunden. Und als er seine kleine Stadt verliess und in die Welt hinauskam, da sah er neue B"ucher, und das, was er f"ur sich entdeckt hatte, gab es bereits: es war die Differentialrechnung. Und da starb er. Die Leute sagen: an der Schwindsucht. Aber er ist nicht an der Schwindsucht gestorben.

Am merkw"urdigsten ist das in der Einsamkeit. Dass die Leute im Get"ummel ihre Standard-Erlebnisse haben, das willst du ja gern glauben. Aber wenn man so allein ist wie du, wenn man so meditiert, so den Tod einkalkuliert, sich so zur"uckzieht und so versucht, nach vorn zu seh-en —: dann, sollte man meinen, w"are man auf H"ohen, die noch keines Menschen Fuss je betreten hat [71] . Und immer sind da Spuren, und immer ist einer dagewesen, und immer ist einer noch h"oher geklettert als du es je gekonnt hast, noch viel h"oher.

71

hier hat noch keines Menschen Fuss je betreten – сюда еще не ступала нога человека

Das darf dich nicht entmutigen. Klettere, steige, steige. Aber es gibt keine Spitze. Und es gibt keinen Neuschnee.

Kaspar Hauser

Zur soziologischen Psychologie der L"ocher

Dass die wichtigsten Dinge durch R"ohren gethan werden. Beweise: erstlich die Zeugungsglieder [72] , die Schreibfeder und unser Schiessgewehr.

Lichtenberg

72

Zeugungsglieder – образн. детородные органы, гениталии

Ein Loch ist da, wo etwas nicht ist.

Das Loch ist ein ewiger Kompagnon des Nicht-Lochs: Loch allein kommt nicht vor, so leid es mir tut [73] . W"are "uberall etwas, dann g"abe es kein Loch, aber auch keine Philosophie und erst recht keine Religion, als welche aus dem Loch kommt. Die Maus k"onnte nicht leben ohne es, der Mensch auch nicht: es ist beider letzte Rettung, wenn sie von der Materie bedr"angt werden. Loch ist immer gut.

Wenn der Mensch „Loch“ h"ort, bekommt er Associationen: manche denken an Z"undloch, manche an Knopfloch und manche an Goebbels.

73

So leid es mir tut, aber… – Мне так жаль, но… (устойчивая форма отказа)

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