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Plotzlich blieb der Storch Mansor stehen.
«Herr und Gebieter«, flusterte er leiser,»es ist toricht fur einen Grosswesir, noch mehr aber fur einen Storchen, sich vor Gespenstern zu furchten. Aber etwas hat ganz vernehmlich geseufzt und gestohnt.«
Der Kalif blieb nun auch stehen und horte ganz deutlich ein leises Weinen. Er wollte gehen, woher die Klagetone kamen. Der Wesir aber packte ihn mit dem Schnabel am Flugel. Der Wesir bat ihn flehentlich, sich nicht in neue, unbekannte Gefahren zu sturzen.
Aber eilte der Kalif in einen finsteren Gang. Bald war er an einer Ture angelangt. Er stiess mit dem Schnabel die Ture auf. In dem verfallenen Gemach sah er eine grosse Nachteule am Boden. Dicke Tranen rollten ihr aus den grossen, runden Augen. Mit heiserer Stimme stiess sie ihre Klagen. Als sie aber den Kalifen und seinen Wesir erblickte, erhob sie ein lautes Freudengeschrei. Zu dem grossen Erstaunen der beiden rief sie in gutem menschlichem Arabisch:
«Willkommen, ihr Storche! Ihr seid mir ein gutes Zeichen meiner Errettung! Durch Storche werde mir ein grosses Gluck kommen!«
Der Kalif buckte sich mit seinem langen Hals. Er brachte seine dunnen Fusse in eine zierliche Stellung und sprach:
«Nachteule! Deine Hoffnung ist vergeblich. Du wirst unsere Hilflosigkeit selbst erkennen, wenn du unsere Geschichte horst.«
Die Nachteule bat ihn zu erzahlen. Der Kalif aber hub an und erzahlte alles.
IV
Als der Kalif der Eule seine Geschichte vorgetragen hat, dankte sie ihm und sagte:
«Vernimm auch meine Geschichte. Ich bin nicht weniger unglucklich als du. Mein Vater ist der Konig von Indien. Ich bin seine einzige ungluckliche Tochter. Ich heisse Lusa. Jener Zauberer Kaschnur, der euch verzauberte, hat auch mich ins Ungluck gesturzt. Er kam eines Tags zu meinem Vater. Er begehrte mich zur Frau fur seinen Sohn Mizra. Mein Vater ist ein hitziger Mann. Er liess ihn die Treppe hinunterwerfen [21] . Aber kam der Elende unter einer anderen Gestalt zu mir. Als ich einst in meinem Garten trinken wollte, brachte er mir, als Sklave verkleidet [22] , einen Trank, der mich in diese abscheuliche Gestalt verwandelte. Er brachte mich her und rief mir mit schrecklicher Stimme in die Ohren:
21
Er liess ihn die Treppe hinunterwerfen. – Он велел спустить его с лестницы.
22
als Sklave verkleidet – переодевшись рабом
›Da sollst du bleiben, bis an dein Ende, oder bis einer aus freiem Willen dich, selbst in dieser schrecklichen Gestalt, zur Gattin begehrt. So rache ich mich an dir und deinem stolzen Vater!‹
Seitdem sind viele Monate verflossen. Einsam und traurig lebe ich als Einsiedlerin in diesem Gemauer. Die schone Natur ist vor mir verschlossen, denn ich bin blind am Tage.«
Die Eule hatte geendet. Sie wischte sich mit dem Flugel wieder die Augen aus.
Der Kalif war bei der Erzahlung der Prinzessin begeistert.
«Aha«, sprach er,»ich finde ein geheimer Zusammenhang zwischen unserem Ungluck! Aber wo finde ich den Schlussel zu diesem Ratsel?«
Die Eule antwortete ihm:
«O Herr! Auch mir ahnet dies. In meiner Jugend sagte eine weise Frau: ein Storch wird dir ein grosses Gluck bringen. Ich weiss vielleicht, wie wir uns retten konnen.«
Der Kalif war sehr erstaunt und fragte, auf welchem Wege sie meine.
«Der Zauberer«, sagte sie,»kommt alle Monate einmal in diese Ruinen. Nicht weit von diesem Gemach ist ein Saal. Dort pflegt er dann mit vielen Genossen zu schmausen. Schon oft habe ich sie dort belauscht. Sie erzahlen dann einander ihre schandlichen Werke. Vielleicht kann er das Zauberwort, das ihr vergessen habt, aussprechen.«
«O teuerste Prinzessin«, rief der Kalif,»wann kommt er? Und wo ist der Saal?«
Die Eule schwieg einen Augenblick und sprach dann:
«Aber nur unter einer Bedingung [23] kann ich Euern Wunsch erfullen.«
«Sprich aus! Sprich aus!«schrie Chasid.
«Namlich, ich mochte auch gerne zugleich frei sein. Dies kann aber nur geschehen, wenn einer von euch mir seine Hand reicht [24] !«
23
unter einer Bedingung – при одном условии
24
mir seine Hand reicht – возьмет меня в жены
Die Storche waren uber den Antrag betroffen. Der Kalif winkte seinem Diener, ein wenig mit ihm hinauszugehen.
«Grosswesir«, sprach der Kalif,»das ist die Frau fur dich.«
«Was?«antwortete der Grosswesir.»Meine Frau wird meine Augen auskratzen! Auch bin ich ein alter Mann, und Ihr seid noch jung und unverheiratet. Ihr konnt einer jungen, schonen Prinzessin die Hand geben.«
«Aber«, seufzte der Kalif,»wer sagt dir denn, dass sie jung und schon ist? Das heisst eine Katze im Sack kaufen!«
Sie redeten einander gegenseitig noch lange zu. Endlich aber, entschloss der Kalif sich, die Bedingung lieber selbst zu erfullen. Die Eule war hocherfreut. Wahrscheinlich kommen in dieser Nacht die Zauberer.
Die Eule verliess mit den Storchen das Gemach, um sie in jenen Saal zu fuhren. Sie gingen lange in einem finstern Gang hin. Endlich strahlte ihnen ein heller Schein. Als sie dort angelangt waren, riet ihnen die Eule, sich ganz ruhig zu verhalten. Sie konnten von der Lucke einen grossen Saal ubersehen. In der Mitte des Saales stand ein runder Tisch, mit vielen Speisen. Rings um den Tisch zog sich ein Sofa, auf welchem acht Manner sassen. In einem dieser Manner erkannten die Storche den Kramer. Er erzahlte die Geschichte des Kalifen und seines Wesirs.