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Der kleine Muck heisst eigentlich Muckrah. Sein Vater war ein angesehener, aber armer Mann hier in Nicea. Er lebte einsiedlerisch wie jetzt sein Sohn. Er liebte ihn nicht, weil er sich seiner Zwerggestalt schamte. Der kleine Muck war noch in seinem sechzehnten Jahr ein lustiges Kind. Sein Vater, ein ernster Mann, tadelte ihn immer, dass er so dumm und lappisch war.
Der Alte starb und zuruckliess den kleinen Muck arm und unwissend. Die harten Verwandten jagten den armen Kleinen aus dem Hause. Sie rieten ihm, in die Welt hinauszugehen und sein Gluck zu suchen. Der kleine Muck antwortete, er ist schon fertig. Er bat sich aber nur noch den Anzug seines Vaters. Sein Vater war ein grosser, starker Mann, daher passten die Kleider nicht. Muck schnitt ab, was zu lang war, und zog dann die Kleider an. Sein Aufzug, wie er noch heute hat ist, der grosse Turban, der breite Gurtel, die weiten Hosen, das blaue Mantelein. Alles dies sind Erbstucke seines Vaters. Den langen Damaszenerdolch [30] seines Vaters steckte er in den Gurtel, ergriff ein Stocklein und wanderte zum Tor hinaus.
30
Damaszenerdolch – дамасский кинжал
Frohlich wanderte er den ganzen Tag. Er war ausgezogen, um sein Gluck zu suchen. Wenn er eine Scherbe auf der Erde im Sonnenschein sah, so steckte er sie. Er sah die Kuppel einer Moschee – und eilte er voll Freude darauf zu. Denn er dachte, in einem Zauberland angekommen zu sein. Aber ach! Jene Trugbilder verschwanden in der Nahe. Nur erinnerten ihn seine Mudigkeit und sein vor Hunger knurrender Magen, dass er noch im Lande der Sterblichen sich befinde.
So war er zwei Tage gereist unter Hunger und Kummer. Er verzweifelte, sein Gluck zu finden. Die Fruchte des Feldes waren seine einzige Nahrung, die harte Erde sein Nachtlager. Am Morgen des dritten Tages erblickte er eine grosse Stadt.
Hell leuchtete der Halbmond auf ihren Zinnen. Bunte Fahnen schimmerten auf den Dachern. Uberrascht stand er stille. Er betrachtete Stadt und Gegend.
«Ja, dort wird der kleine Muck sein Gluck finden«, sprach er zu sich,»dort oder nirgends!«
Er schritt auf die Stadt zu. Aber konnte er sie doch erst gegen Mittag erreichen. Seine Glieder waren sehr klein. Er musste sich oft in den Schatten einer Palme setzen, um auszuruhen.
Endlich war er an dem Tor der Stadt angelangt. Er legte sein Mantelein zurecht. Er band den Turban schoner um. Er zog den Gurtel noch breiter an. Er steckte den langen Dolch schiefer. Dann wischte er den Staub von den Schuhen. Er ergriff sein Stocklein und ging mutig zum Tor hinein.
Er hat schon einige Strassen durchwandert. Aber nirgends offnete sich ihm die Ture. Nirgends rief man:
«Kleiner Muck, komm herein! Iss und trink hier!«
Er schaute gerade an einem grossen, schonen Haus hinauf. Da offnete sich ein Fenster. Eine alte Frau schaute heraus. Sie rief:
«Herbei, herbei!Gekocht ist der Brei,Den Tisch liess ich decken,Drum lasst es euch schmecken;Ihr Nachbarn herbei,Gekocht ist der Brei.«Die Ture des Hauses offnete sich. Muck sah viele Hunde und Katzen. Er stand in Zweifel, ob er der Einladung folgen soll. Endlich aber ging er in das Haus. Vor ihm her gingen ein paar junge Katzlein. Er beschloss, ihnen zu folgen.
Als Muck die Treppe hinaufgestiegen war, begegnete er jener alten Frau. Sie sah ihn murrisch an.
«Du hast ja jedermann zu deinem Brei eingeladen«, antwortete der kleine Muck,»und weil ich so gar hungrig bin, bin ich auch gekommen.«
Die Alte lachte und sprach:
«Woher kommst du denn, wunderlicher Gesell? Die ganze Stadt weiss, dass ich fur niemand koche als fur meine lieben Katzen.«
Der kleine Muck erzahlte der alten Frau, wie es ihm nach seines Vaters Tod ist. Er bat sie, ihn heute mit ihren Katzen speisen zu lassen.
Die alte Frau erlaubte ihm, ihr Gast zu sein. Sie gab ihm reichlich zu essen und zu trinken. Als er gesattigt und gestarkt war, betrachtete ihn die Frau lange und sagte dann:
«Kleiner Muck, bleibe bei mir in meinem Dienst [31] !«
31
bleibe bei mir in meinem Dienst – оставайся у меня в услужении
Der kleine Muck, dem der Katzenbrei geschmeckt hat, willigte ein. Er wurde also der Bedienstete der Frau Ahavzi. Er hatte einen leichten, aber sonderbaren Dienst. Frau Ahavzi hatte zwei Kater und vier Katzen. Der kleine Muck musste alle Morgen den Pelz kammen und mit Salben einreiben. Wenn die Frau ausging, musste er auf die Katzen Achtung geben. Wenn sie assen, musste er ihnen die Schusseln vorlegen. Nachts musste er sie auf seidene Polster legen. Musste er auch sie mit samtenen Decken einhullen.
Auch waren noch einige kleine Hunde im Haus, die er bedienen musste. Ubrigens fuhrte Muck ein so einsames Leben wie in seines Vaters Haus. Ausser der Frau sah er den ganzen Tag nur Hunde und Katzen.
Eine Zeitlang ging es dem kleinen Muck ganz gut. Er hatte immer zu essen und wenig zu arbeiten. Die alte Frau war zufrieden mit ihm. Aber nach und nach [32] wurden die Katzen unartig. Wenn die Alte ausgegangen war, sprangen sie in den Zimmern umher. Sie warfen alles durcheinander und zerbrachen manches schone Geschirr. Wenn sie aber die Frau horten, verkrochen sie sich auf ihre Polster. Wenn die Frau Ahavzi ihre Zimmer verwustet sah, schob sie alles auf Muck. Sie glaubte ihren Katzen, mehr als ihrem Diener.
32
nach und nach – мало-помалу